SGLT2-Hemmer haben sich bei der Behandlung von Menschen mit Typ-2-Diabetes etabliert. Insbesondere bei denjenigen mit kardiovaskulären Erkrankungen. Trotzdem sind bei den Medikamenten einige Dinge zu berücksichtigen: z.B. die Nebenwirkungen.

SGLT2-Hemmer haben sich mittlerweile als orale Antidiabetika in der Diabetologie etabliert. Nicht zuletzt nach der Publikation der EMPA-REG-Outcome- oder der CANVAS-Studie, die eine deutliche Verminderung tödlicher Herzinfarkte und Schlaganfälle zeigten, werden die Präparate im Alltag häufig bei der Behandlung von Typ-2-Diabetikern mit kardiovaskulären Erkrankungen eingesetzt. Gute Daten gibt es auch zum Einfluss auf die diabetische Nephropathie (z.B. DECLARE-Studie). In Deutschland zugelassen sind Dapagliflozin (Forxiga®) und Empagliflozin (Jardiance®).

Bei der Anwendung von SGLT2-Hemmern sind Nebenwirkungen zu beachten. Durch die erhöhte Glukosekonzentration kommt es häufiger zu Genitalinfektionen, exemplarisch seien Scheidenmykosen der Frau genannt. Diese schränken die Anwendung der Präparate zwar ein, können nach Absetzen der SGLT2-Hemmer in der Regel aber gut behandelt werden und hinterlassen keinen bleibenden Schaden.

Eine eher seltene Nebenwirkung sind euglykämische diabetische Ketoazidosen. Der Pathomechanismus der Entstehung dieses Phänomens ist gut beschrieben (siehe Abbildung 1). Wichtig ist, dass keine exzessiv erhöhten Blutzucker nachweisbar sind. Ebenso können Ketonkörper im Urin fehlen, da diese durch die SGLT-2-Hemmer in der Niere rückresorbiert werden. In der Literatur sind Risikosituationen beschrieben, die bei auffälligen Azidosen an diese Nebenwirkung denken lassen sollten. (siehe Tabelle 1).

Wie häufig kommen Ketoazidosen unter SGLT2-Hemmern vor?

D‘Elia JA et al publizierten 2017 Daten der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA. Es wurden 46 Fälle unter Empagliflozin, 144 unter Dapagliflozin und 450 unter Canagliflozin beschrieben. Meyer EJ et al. berichteten 2018 über eine Erhebung in Südaustralien. In drei Jahren wurden dort 13 Fälle (9 unter Dapaglifloxin, 4 unter Empagliflozin) bekannt, wobei auch 5 Typ1-Diabetiker mit den Präparaten behandelt wurden.

Fallbeschreibung Bad Lauterberg

Um einen Eindruck vom klinischen Erscheinungsbild dieser Nebenwirkung zu bekommen, soll ein Fall aus dem Diabeteszentrum Bad Lauterberg geschildert werden:

Ein 1967 geborener Patient wurde notfallmäßig aus der Schwerpunktpraxis eingewiesen. Wegen erhöhter BZ-Werte unter ICT (Toujeo + Actrapid) und oralen Antidiabetika (Saxagliptin + Glimepirid) erfolgte zwei Tage vor Einweisung eine Medikamentenumstellung. Seitdem beklagte der Patient eine deutliche Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit Kraftlosikeit, Übelkeit und rezidivierendem Erbrechen. Umgestellt wurde von Metformin auf 25 mg/d Empagliflozin.

Labor zur Aufnahme
  • Blutzucker 188 mg/dl
  • Keton im Blut 5 mmol/l
  • Aceton im Urin ++++
  • ph-Wert 7,15
  • HCO3 5,6mmol/l
  • Baseexess -21,8 mmol/l
  • Laktat normwertig

Im Labor war eine deutliche Ketoazidose nachweisbar. Unter Infusionstherapie, Azidoseausgleich und Absetzten der oralen Antidiabetika besserte sich der Allgemeinzustand des Patienten relativ rasch. Bereits am Folgetag war eine orale Ernährung möglich. Wir stellten auf eine alleinige intensivierte Insulintherapie ein und führten eine Differentialdiagnostik durch. Der Glukagon-Stimulationstest zeigte eine ausreichende Insulinsekretion.

Negative Immunphänomene (GAD-AK, IA-2-AK, Schilddrüsen-Ak / MAK, TAK, Transglutaminase IgG-AK) schlossen einen "latent autoimmune diabetes in adults" (LADA) aus. Ebenso ergaben sich keine andere Ursachen einer metabolischen Azidose (Laktoazidose, akute und chronische Niereninsuffizienz). Anamnestisch gab der Patient einen gelegentlichen Alkoholkonsum an. Zur Aufnahme war er nicht alkoholisiert, die Leberwerte lagen im Normbereich.

Auch ein weiterer bei uns aufgetretener Fall konnte ähnlich schnell beherrscht werden. Unsere begrenzten Erfahrungen mit dem Krankheitsbild zeigen, dass die Ketoazidose unter SGLT2-Blockern gut behandelt werden kann. Wichtig für Behandler und die Patienten ist, die Diagnose schnell zu stellen und zeitnah therapeutische Maßnahmen einzuleiten.



Autor: Dr. Thomas Werner, Chefarzt
Diabeteszentrum Bad Lauterberg

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2019; 31 (1/2) Seite 34-35