Noch ist es bei sporadischem Bauchspeicheldrüsenkrebs nicht möglich, das genetische Risiko abzuschätzen, daran zu erkranken. Bei Brustkrebs ist das längst üblich und seit der vorsorglichen Brustamputation der US-amerikanischen Schauspielerin Angelina Jolie weltweit bekannt.
Mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums MV und der EU arbeiten jetzt Greifswalder und Rostocker Wissenschaftler unter Hochdruck daran, einen ersten genetischen Risikotest für die Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) und den seltenen, aber sehr gefährlichen Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) zu entwickeln, informierte heute der Direktor der Inneren Medizin A an der Universitätsmedizin, Prof. Markus M. Lerch.
Biomarker für Pankreatitis und Pankreaskarzinom
Partner bei dem Forschungsvorhaben sind das Albrecht-Kossel-Institut der Universitätsmedizin Rostock (Prof. Arndt Rolfs) sowie die auf Gen-Diagnostik spezialisierte Biotechnologiefirma Centogene AG in Rostock. Das Gesamtprojektvolumen beläuft sich auf 2,2 Millionen Euro. Davon erhalten die Universitätsmedizin Greifswald 600.000 Euro und die Universitätsmedizin Rostock 465.000 Euro.
Es handelt sich um ein EU-Verbundforschungsprojekt des Landes, das aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wird. Im Rahmen des Forschungsvorhabens mit einer Laufzeit bis Ende 2014 sollen Biomarker für die akute und chronische Pankreatitis sowie das Pankreaskarzinom identifiziert und dafür entsprechende diagnostische Tests für Patienten entwickelt werden.
Schwierige Diagnostik, unklare Ursachen
Die Bauchspeicheldrüsenentzündung und der Bauchspeicheldrüsenkrebs werden oftmals erst spät oder zu spät festgestellt. Die schwierige Diagnostik zieht sich bei unklaren Beschwerden meistens über Jahre hin. An einer Pankreatitis erkranken jedes Jahr in Deutschland etwa 64 von 100.000 Einwohnern, etwa 50.000 bis 60.000 Patienten. Bei manchen Patienten entwickelt sich aus der chronischen Entzündung eine Tumorerkrankung.
Jährlich erkranken in Deutschland etwa 15 von 100.000 Menschen, das sind etwa 12.000 Patienten an dieser Krebsart mit einer immer noch sehr hohen Sterberate. Unter der schmerzhaften Pankreatitis und auch am Krebs leiden mehr Männer als Frauen. Alkoholmissbrauch und das Rauchen sind die größten Risikofaktoren für die Pankreatitis. „Dennoch kommt es häufig vor, dass vollkommen gesund lebende Menschen an der Bauchspeicheldrüse erkranken. Somit spielen offensichtlich auch nicht beeinflussbare genetische Faktoren als Auslöser eine Rolle“, sagte Dr. Ulrich Weiss, einer der Projektleiter aus Greifswald. „Es ist unsere Aufgabe, diese genetisch bedingten Ursachen herauszufinden. Basis dafür sind ca. 1.000 Patienten der Unimedizin Greifswald, die in den letzten Jahren an einer Bauchspeicheldrüsenerkrankung behandelt wurden“ erklärte Prof. Markus M. Lerch.
Genetische Auslöser sichtbar machen
Das komplexe Zusammenspiel verschiedener Risiken im Erbmaterial zu untersuchen, erforderte bisher einen beträchtlichen und kostenintensiven Untersuchungsaufwand. Mittels der neuen Analysentechnologien, des sogenannten „Next Generation Sequencing“, können jetzt in einem vertretbaren Zeit- und Kostenrahmen parallel hunderte von Genen oder ganze Genome untersucht und bisher unbekannte Genmutationen identifiziert werden.
„Die Rostocker Firma Centogene, ein international tätiges und auf die genetische und biochemische Analyse seltener Erkrankungen spezialisiertes Unternehmen, sowie das Albrecht-Kossel-Institut in Rostock sind Kooperationspartner im Verbundprojekt, die die Next Generation Sequencing-Technologie in der Entwicklung diagnostischer Verfahren bereits einsetzen“, so Prof. Arndt Rolfs, Gründer der Centogene AG und Direktor des Albrecht-Kossel-Instituts.
Nachweis in der klinischen Routine
Forschungsergebnisse aus der DNA-Analyse von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenerkrankungen sollen zeitnah in die Entwicklung genauer diagnostischer Tests durch die Centogene AG in Rostock einfließen, um so den frühzeitigen und sicheren Nachweis genetischer Krankheitsfaktoren in der klinischen Routine zu ermöglichen.
Ärzte, Patienten und betroffene Angehörige können dann durch den Nachweis einer erblichen Veranlagung bereits in einem frühen Stadium der Erkrankung über die optimalen Therapie- und Vorsorgemaßnahmen entscheiden. „Unser gemeinsames Ziel ist es, einen weitgehend verlässlichen Gentest aus einer einfachen Blutprobe zu etablieren und zeitnah für mögliche Risikopatienten zur Vorsorgeuntersuchung zugänglich zu machen. Das Ergebnis soll dann in drei Tagen vorliegen“, erklärte Lerch abschließend.
Nach einer Pressemeldung der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
