Aktuelle Daten zeigen, dass fast jeder zweite Bluthochdruckpatient nicht adhärent ist. Die mangelnde Adhärenz ist eine therapeutische Herausforderung sowohl bei der Behandlung der arteriellen Hypertonie als auch bei der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse. Grund für die geringe Therapietreue ist nicht zuletzt die meist hohe Anzahl an Tabletten, die die Patienten täglich einnehmen müssen. Kombinationspräparate in Form einer einzigen Tablette (Single Pill) können die Adhärenz verbessern.

Prof. Dr. Dr. Eva Brand, Münster, und Prof. Dr. Georg Predel, Köln, stellten beim Lunch Symposium „Single Pill – von den Substanzen zum Therapiekonzept“, beim DHL-Kongress 2017 in Mannheim, Daten zum Einsatz der Single Pill in der Hypertoniebehandlung vor. Die Signifikanz der Single Pill in der Sekundärprophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse erläuterte Prof. Dr. Burkhard Weisser.

Steigende Tablettenlast senkt Adhärenz

In Anlehnung an die Daten aus der SPRINT-Studie und aktueller Metaanalysen wurden die Werte für den Zielblutdruck in einer Stellungnahme der Deutschen Hochdruckliga e. V. von September 2017 angepasst. Der Zielkorridor für den systolischen Blutdruck kardiovaskulärer Risikopatienten liegt nun bei 125–134 mmHg [1]. „Ein Großteil der Patienten benötigt mehrere Antihypertensiva, um ihren Zielblutdruck zu erreichen“, erläuterte Prof. Dr. Dr. Eva Brand, Münster. Die Einnahme mehrerer Tabletten pro Tag stellt für viele Patienten jedoch eine Herausforderung dar [2]. Nach sechs Monaten nimmt jeder fünfte Hypertoniker seine Tabletten nicht mehr ein [3]. Nicht immer könne man davon ausgehen, dass die Patienten ihre Medikamente regelmäßig einnehmen, so die Erfahrung der Expertin. „Häufig sind therapierefraktäre Patienten nicht wirklich therapierefraktär, sondern nehmen einfach ihre Tabletten nicht regelmäßig ein.“ Die Verringerung der täglichen Tablettenzahl kann die Einnahmetreue verbessern [4].

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Single Pill-Konzept einer losen Kombination von Einzelsubstanzen klar überlegen

Eine aktuell publizierte Metaanalyse ergab, dass fast jeder zweite Bluthochdruck-Patient (45,2%) nicht adhärent ist [5]. „Ein wesentlicher Aspekt für die Non-Adhärenz ist die meist hohe Anzahl der pro Tag einzunehmenden Tabletten“, erklärte Prof. Dr. Hans-Georg Predel, Köln. Ergebnisse einer Untersuchung, welche die Adhärenz mittels Urinanalytik bestimmte, zeigten, dass mit jedem zusätzlich einzunehmenden Medikament die Adhärenz sinkt [6]. Daher empfehlen die ESH-ESC-Leitlinien die Kombination der Wirkstoffe in einer einzigen Tablette [7].

Eine Metaanalyse ging nun der Frage nach, ob eine Fixkombination als Single Pill häufiger eingenommen wird als eine identische freie Kombination [8]. „Die Analyse zeigte eine klare Überlegenheit des Singe Pill-Konzeptes gegenüber der freien Kombination“, so Predel. „In den Indikationen arterielle Hypertonie und Dyslipidämie führte das Therapieregime einer Single Pill zu einer besseren Adhärenz im Vergleich zur losen Kombination der Einzelsubstanzen. „Auch die klinische Wirksamkeit war unter einer Single Pill-Therapie stärker im Vergleich zur freien Kombination der Einzelsubstanzen“, so der Experte.

Jahresthema 2017 - Auch in Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse von großer Bedeutung

„Adhärenz ist ein wichtiges Thema in der Praxis und wurde daher von der Deutschen Hochdruckliga e. V. zum Jahresthema 2017 erklärt“, informierte Prof. Dr. Burkhard Weisser, Kiel. „Nicht nur in der Hypertonie-Therapie spielt die Adhärenz eine wichtige Rolle. Auch in der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse ist es essenziell, dass die Patienten ihre Tabletten zuverlässig einnehmen“, betonte der Experte. Patienten mit einem Re-Infarkt haben ein signifikant höheres Mortalitätsrisiko und ein signifikant höheres Risiko eine Herzinsuffizienz zu entwickeln [9].

Als Basismedikation nach Herzinfarkt oder Schlaganfall empfiehlt die Leitlinie die Gabe von ASS, Statinen und Antihypertensiva [7,10]. Die Verordnungsrealität spiegelt diese Empfehlung allerdings nicht wider: Eine Studie zeigte, dass mehr als ein Drittel der Patienten nicht alle drei Substanzklassen verordnet bekommen und somit nicht adäquat behandelt werden [11]. Welche Auswirkungen dies für den Patienten hat, verdeutlichen die Ergebnisse der Studie ebenfalls: Das Weglassen nur einer Substanzklasse erhöht das absolute Risiko für ein erneutes Ereignis ein Jahr nach Klinikentlassung um etwa 4% [11]. „Wir stehen vor der Herausforderung, dass in Deutschland immer noch viele Menschen nach einem kardiovaskulären Ereignis suboptimal versorgt werden und dies tödliche Folgen nach sich ziehen kann“, erläuterte Weisser.

Mortalität nach Myokardinfarkt reduzieren

Doch wie schafft man es, dass der Patient die drei Substanzen regelmäßig einnimmt? Denn: Auch wenn nach einem einschneidenden Erlebnis wie einem Herzinfarkt, die Patienten ihre Tabletten zu 100% einnehmen, lassen bereits drei Monate später etwa 30% der Patienten mindestens ein Medikament weg [12]. Ein Single Pill-Ansatz mit den drei Substanzgruppen kann die Adhärenz erhöhen und die Mortalität nach einem Myokardinfarkt reduzieren. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt zur Verbesserung der Arzneimittel-Adhärenz eine Single Pill-Strategie [7]. Fazit: Die Experten waren sich einig, dass die Single Pill eine effektive Strategie zur Steigerung der Adhärenz darstellt.


Quelle: Pressemitteilung von UCB