Ist eine Kündigung ausgesprochen oder der Führerschein in Gefahr, dann suchen Patienten oftmals auch Hilfe bei Ärzt:innen oder Schulungspersonal. Dies ist aber nicht gänzlich unproblematisch. In diesem Artikel finden Sie einige Tipps für juristische "Notfälle".

Sind Auskünfte zu rechtlichen Fragen fehlerhaft, dann ist der Patient mindestens verärgert. Im schlimmsten Fall kann eine Rechtsberatung durch das Behandlungsteam - auch wenn sie gut gemeint war - zu Haftung und Schadensersatz führen.

Denn Rechtsauskünfte dürfen grundsätzlich nur von Anwälten oder mit einer Rechtsberatungserlaubnis erteilt werden. Nachstehend schildern wir einige tückische Fallstricke.

Wird einem Arbeitnehmer gekündigt, dann kann er - sofern die Voraussetzungen des Kündigungsschutzes oder eine Schwerbehinderung/Gleichstellung vorliegen – eine sog. Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht einreichen. Die Klage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung bei Gericht eingehen; wird diese Frist versäumt, ist in aller Regel nichts mehr zu
machen.

Da die Fristberechnung nicht unkompliziert ist, sollten Sie dazu besser keine Angaben machen, sondern den Patienten dringend nahelegen, schnellstmöglich einen spezialisierten Anwalt aufzusuchen.

Wichtig:
Im arbeitsgerichtlichen Verfahren trägt zumindest in erster Instanz jede Partei ihre Kosten selbst. Das bedeutet, dass der Anwalt auch dann vom Patienten selbst bezahlt werden muss, wenn die Klage erfolgreich war. Aus diesem Grund empfiehlt es sich unbedingt, eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, welche arbeitsrechtliche Streitigkeiten ausdrücklich mitumfasst.

Führerschein und Straßenverkehr

Nach einem Unfall in Unterzuckerung besteht große Gefahr, dass die Fahrterlaubnis womöglich vorbeugend entzogen wird. Dies droht selbst dann, wenn nichts passiert ist oder den Patienten gar keine Schuld trifft.

Wenn der Patient auf den Führerschein angewiesen ist, dann ist hier unverzügliches Handeln erforderlich – denn ist die Fahrerlaubnis erst einmal entzogen, dann kann es viele Monate oder gar Jahre dauern, bis man wieder fahren darf. Patienten sollten daher umgehende anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ohne Rücksprache mit einem Anwalt sollte der Patient gegenüber der Polizei oder Dritten auch keinerlei Angaben zur Sache oder dem Tathergang machen

Hilfsmittelverordnung

Wenn ein Antrag auf Hilfsmittelversorgung zu Unrecht abgelehnt wird, dann sollte der Patient innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Vielmals wird er dabei vom Praxisteam unterstützt, obwohl eine solche juristische Tätigkeit nicht Teil der Behandlungsleistung ist und auch nicht abgerechnet werden kann.

Da das Behandlungsteam allerdings regelmäßig nicht über die erforderliche juristische Fachkenntnis verfügt, sind viele Widersprüche von Anfang an erfolglos, weil wesentliche Aspekte zur Bergründung übersehen bzw. nicht eingebracht werden. Dies kann in einer anschließenden Klage zwar noch "geheilt" werden – bis das Verfahren dann aber abgeschlossen und der Patient schließlich mit dem Hilfsmittel versorgt ist, können viele Monate vergehen. Eine rechtzeitige anwaltliche Unterstützung kann hier vielmals helfen, Fehler bzw. unnötig lange Verfahrensdauern zu vermeiden. Auch kann der Anwalt prüfen, ob die Voraussetzungen eines Eilverfahrens vorliegen, um zumindest vorläufig die Versorgung sicherzu-
stellen.

Hilfe für einkommensschwache Personen

Patienten, die sozial schwach sind und keine Rechtschutzversicherung haben, können anwaltliche Beratung im Wege der "Beratungshilfe" erhalten. Dies kann bei der Rechtsantragsstelle des zuständigen Amtsgerichts relativ problemlos beantragt werden: wenn der Patient über geringes Einkommen verfügt und/oder hohe Belastungen hat (Nachweise bzw. Auszüge vorlegen!) und das Anliegen nicht offensichtlich aussichtslos bzw. rechtsmissbräuchlich ist, dann stellt das Gericht einen Beratungshilfeschein aus.

Mit diesem Schein kann der Patient sich dann grundsätzlich von jedem Anwalt im Gerichtsbezirk beraten bzw. außergerichtlich vertreten lassen. Der Anwalt rechnet dann mit der Staatskasse ab und darf vom Patienten lediglich einen Eigenanteil von 15 Euro ver-
langen.

Wenn ein Gerichtsverfahren ansteht, dann kann Prozesskostenhilfe ("PKH") beantragt werden. Diese wird gewährt, sofern der Patient finanziell nicht in der Lage ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen und die Sache Aussicht auf Erfolg hat. Mit Gewährung der PKH werden die Gerichtskosten sowie die Kosten des eigenen Anwalts von der Staatskasse bezahlt.

"Selbsthilfe": Rat und Hilfe

Kompetente Unterstützung bei Problemen können Betroffene zunächst in Selbsthilfegruppen finden; dort lassen sich Erfahrungen austauschen und wertvolle Tips gewinnen. Betroffenenverbände wie DDH-M oder der Deutsche Diabetikerbund bieten nicht nur Mitgliedern viele und kompetente Informationen. Zahlreiche Veranstaltungen, Merkblätter oder Infobroschüren sind dort kostenlos oder gegen geringen Unkostenbeitrag erhältlich. Trotz kaum mehr zeitgemäßer und missverständlicher Bezeichnung: Der VdK (Verband der Kriegsversehrten) ist mit die größte und wohl einflussreichste Interessenvertretung der Schwerbehinderten. Patienten können in den örtlichen Verbandsstellen kompetente Beratung zu allen Fragen des Schwerbehindertenrechts erhalten.

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Autor:
RA Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte Stuttgart ° Balingen
Nägelestr. 6a, 70597 Stuttgart
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: ebert@rek.de


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2023; 35 (12) Seite 22-23