Schachboxen ist eine Mischung aus Schach und Boxen – die Schach- und Boxrunden werden abwechselnd ausgetragen. Venko Dimitrov ist Schachboxer – und er hat seit 2001 Typ-1-Diabetes. Hier erzählt er, was ihn am Schachboxen so fasziniert und wie er mit seiner Erkrankung zurechtkommt. Extra: Sehen Sie hier den Schachboxer in Aktion im Video!
Venko Dimitrov lernte das Schachspiel als kleiner Junge: Der Berliner wurde in Sofia (Bulgarien) geboren – „dort ist Schach weitverbreitet: Ältere Männer spielen es auf Plätzen im Freien, Kinder schauen zu. Wenn ich an meine Kindheit denke, sehe ich mich immer mit einem Schachbrett herumlaufen.“ Sein Großvater zeigte ihm, wie’s geht.
Mit 7 nach Deutschland
Als Venko 7 Jahre alt war, zog die Familie erstmals nach Deutschland: Sein Vater hatte in Frankfurt am Main die Leitung der Handelsvertretung eines bulgarischen Unternehmens übernommen. Es folgten 5 Jahre in Frankfurt und Borken, dann wieder 5 Jahre in Bulgarien – bis Venkos Familie 1997 erneut nach Deutschland kam, dieses Mal nach Berlin. Dort machte Venko das Abitur, studierte an der Technischen Universität und schloss als Diplom-Kaufmann ab. Kurz davor traf ihn die Diabetes-Diagnose – Sommer 2001, Venko war 20 Jahre alt.
Schlimm: Sportverbot!
Anfangs, so Venko, sei einem die Tragweite der lebenslangen Krankheit gar nicht bewusst. „Ganz praktische Dinge waren es, die mich belasteten: Zum Beispiel war mir schon immer jede Art von Spritzen zuwider – und nun sollte ich mir mehrmals am Tag Insulin selbst spritzen?“ Noch schlimmer für Venko: „Der ärztliche Rat, möglichst keinen Sport mehr zu treiben, weil das mit Typ-1-Diabetes zu gefährlich sei!“ Eine Welt ging unter für ihn, denn schon damals war Venko mehrmals pro Woche intensiv sportlich aktiv – „das war die schmerzlichste Einschränkung meiner Lebensqualität. Ich fühlte mich physisch wie psychisch äußerst unwohl.“ Die Falscheinschätzung seiner damaligen Ärzte wurde korrigiert – „aber erst nach einem Jahr bei einer erneuten Diabetesschulung!“
Laufen, Fußball, Volleyball
Venko ist ein Sportsmann: In seiner Wahlheimat Berlin gehört regelmäßiges Laufen zu seinem Programm, bis hin zum Halbmarathon; er spielt Tischtennis, Fußball, Volleyball – und vor 10 Jahren begann Diplom-Kaufmann Venko dort auch mit dem Boxen: „Ich wollte eine Sportart ausprobieren, bei der ich alleine verantwortlich bin. Früher hatten meine Eltern und mein Umkreis nur die negativen Seiten des Boxens hervorgehoben und konnten sich nicht vorstellen, dass ein Akademiker diese Sportart ausüben könnte.“
Bald nachdem das „Chess Boxing“, das Schachboxen, im Jahr 2005 erfunden worden war, entdeckte Venko die Sportart für sich: „Der Reiz besteht für mich darin, nach dem Boxen schnell so ruhig zu werden, dass ich mich auf das Schachspiel konzentrieren kann.“ Beim Schachboxen treten zwei Kontrahenten gegeneinander an, Schach und Boxen wechseln sich ab. Der Kampf geht über 6 Schachrunden und 5 Boxrunden (mehr übers Schachboxen unter www.wcbo.org).
Videoporträt des Schachboxers Venko Dimitrov.
Unterzuckerungen? „Nein, zu viel Adrenalin!“
Um eine Unterzuckerung bei Schachboxkämpfen sorgt sich Venko nicht: „Da wird so viel Adrenalin ausgeschüttet, dass der Blutzucker eher zu hoch liegt!“ Jedoch: „Beim Training sollte man nie zu niedrig beginnen – da man durch das Schwitzen nicht unbedingt sofort merkt, wann es zu einer Unterzuckerung kommt. Sollte die Koordination beeinträchtigt sein, kann es auch zu sehr unangenehmen Verletzungen kommen.“ Täglich mehrmals zu testen gehört zu Venkos Leben; er misst mit dem GlucoMen READY, „daran schätze ich die Schnelligkeit und Diskretion, mit der ich messen kann.“
Gutes Leben!
Heute fühlt sich Venko durch den Diabetes wenig eingeschränkt: „Natürlich muss man sein Handeln planen, mehr als andere, und auch die Wirkung auf den Blutzucker einschätzen. Aber meine Lebensqualität ist gut.“ Berufsbedingtes Reisen, gründlich vorbereitet, ist für ihn kein Problem – „Hauptsache, ich habe meine Lauf- und Fitness-Sachen dabei und kann den Sport in meine Dienstreisen integrieren!“ Eine Bereicherung außerhalb des Sports ist im Januar 2013 dazugekommen: Venko Dimitrov und seine Frau Franziska haben nun ein Töchterchen.
von Günter Nuber
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