Professor Georg Ludwig Zülzer entdeckte schon lange vor Banting und Best das Insulin. 1934 entschied er sich, in die USA auszuwandern. Von seinem dortigen Leben war bisher kaum etwas bekannt. Jetzt gestattete uns die Enkelin die Auswertung der Briefe, die er 1935 bis 1946 an seinen Sohn schrieb. Sie zeigen die Probleme eines aus Deutschland vertriebenen Arztes und Forschers und seine unermüdlichen Bemühungen, weiterhin klinisch und wissenschaftlich tätig zu sein.
Prof. Georg Ludwig Zülzer befasste sich schon seit ca. 1904 mit der Gewinnung eines Pankreas-Extraktes zur Behandlung des Diabetes (Abbildung 1) [Zülzer 1907]. Er verabreichte einigen Patienten mit schwer entgleistem Diabetes seinen Extrakt und beobachtete eine Verminderung der Ketoazidose [Zülzer 1908]. In der Klinik von Oskar Minkowski untersuchte J. Forschbach Zülzers Extrakt an pankreatektomierten Hunden und Patienten. Es kam zwar zu einer Senkung der Glukosurie, aber zu erheblichen Nebenwirkungen, vielleicht auch unerkannten Hypoglykämien. Forschbach beurteilte den Extrakt negativ, Minkowski bedauerte später, sich um diese Arbeiten nicht selbst gekümmert zu haben [Forschbach 1909]. Dennoch gelang es Zülzer später, Unterstützung der Firma Roche zu bekommen. Im Sommer 1914 hatte er mit Hilfe des bei Roche tätigen Chemikers Reuter einen hochwirksamen Pankreasextrakt zur Verfügung. Unverständnis der Firmenleitung und der Ausbruch des Weltkrieges verhinderten weitere Arbeiten [Reuter 1924, Jörgens 2021]. Nach dem Krieg gab es für Zülzer keine Forschungsförderung mehr. Er leitete nun die Internistische Klinik im Krankenhaus Lankwitz. Anerkennung blieb ihm verwehrt, obwohl an der Bedeutung seiner Arbeiten kein Zweifel besteht [Jörgens 2022, De Leiva 2020].
© privat/B. Kusko geb. Zülzer | Abb. 1: Prof. Georg Ludwig Zülzer [im Familienbesitz bei Frau B. Kusko, geb. Zülzer].
Zülzers Briefe an seinen Sohn
Zülzer erkannte früh, welche Bedrohungen durch die Herrschaft der Nationalsozialisten für ihn und andere entstehen würden. Daher entschied er sich bereits 1934 in die USA auszuwandern. Über sein dortiges Leben war bisher nur wenig bekannt. Erst 2023 erschien eine Arbeit über die Familiengeschichte der Zülzers [Bloch 2023]. Weitere Informationen lieferte jetzt Zülzers Korrespondenz. Seine Enkelin Barbara Kusko fand im Nachlass ihres Vaters, des Pädiaters Wolf Zülzer, Briefe, welche dieser in der Zeit von 1935 bis 1946 von seinem Vater erhielt. Die äußerst schwer lesbare Handschrift der in Sütterlin verfassten Briefe konnte niemand in der Familie entziffern. Frau Kusko hörte von einem Interview mit einem der Autoren (VJ) auf BBC-International, in dem die Arbeiten ihres Großvaters über Insulin gewürdigt wurden. Sie bat ihn darum, sich der Briefe anzunehmen und für eine Aufbewahrung in Berlin zu sorgen. FWK transkribierte die Briefe. Die Originalien wurden 2025 im Jüdischen Museum in Berlin archiviert (Abbbildung 2).
© Jüdisches Museum Berlin | Abb. 2: Prof. Zülzer an seinen Sohn Wolf am 22.10.1935 mit einem Zitat aus Homers Ilias [Archiv des Jüdischen Museums Berlin].
Flucht in die USA
Georg Zülzer kam am 17. Mai 1934 in New York an. Als "Volljude" sah er mit recht in Deutschland keine Zukunft. Seine Professur an der Charité und seine Chefarztposition hatte man ihm schon 1933 entzogen, obwohl er 1914 bis 1918 als Sanitätsoffizier gedient hatte – wie schon sein Vater im Krieg 1870 bis 1871. Seine Familie gehörte dem gut situierten Berliner Bürgertum an. Wie viele andere Deutsche jüdischer Herkunft waren die Zülzers in der deutschen Bourgeoisie voll assimiliert. Wie sein Vater Wilhelm (1834 – 1893, Professor an der Charité, Begründer der deutschen Medizinalstatistik) war Georg Zülzer in einer schlagenden Verbindung aktiv. Nach dem Tode des Vaters ließ er sich und seine Kinder evangelisch taufen. Er war nie Mitglied einer Partei, stand aber den Sozialdemokraten nahe; Otto Wels und Adolf Grimme waren seine Patienten und hatten – wenn auch vergeblich – Zülzers Bemühungen um eine Professur an der Charité unterstützt [Bloch 2023]. In den USA hoffte Zülzer auf eine Anstellung in einer Universität – er wollte wieder forschend tätig sein. Aber vor allem sein Alter stand dem im Wege.
Praxis in Manhattan
Also eröffnete Zülzer als 64-Jähriger eine internistische Praxis in Manhattan, 394 West End Avenue. Nach anfänglichen Schwierigkeiten lief die Praxis gut und Zülzer behandelte auch Berühmtheiten wie die damals 16-jährige russische Ballerina Irina Baronova. Im Oktober 1935 schrieb er an seinen Sohn: "Irina Baronova, 16 Jahre, Prima Ballerina des vom 29. Okt. – 2 Nov. im Bostoner Opernhaus gastierenden Balletts, habe ich neulich nachts nach der Vorstellung, also zwischen 1 u. 2 zu Hause untersucht. Ihr oder den Eltern war gesagt worden, sie würde wegen ihres schweren Herzleidens auf der Bühne sterben. Wenn man sie tanzen sah, wusste man, dass das Herz gesund sein musste." Mit der Diagnose, dass die Ballerina keine relevante Herzerkrankung hatte, lag Zülzer völlig richtig, sie starb erst 2008 im Alter von 79 Jahren.
Ratschläge an den Sohn
Zülzers Sohn Wolf aus erster Ehe war im Februar 1933 der Berliner Universität verwiesen worden und hatte sich in Bonn neu fürs Medizinstudium immatrikuliert. Er emigrierte aber schon im Oktober 1933 aus Bonn nach Prag [Bloch 2023]. Auf Drängen des Vaters kam Wolf Zülzer im August 1935 in die USA, nachdem er sein Medizinstudium in Prag mit der Promotion abgeschlossen hatte. Nach seiner Ausbildung in Boston und Cambridge war er 35 Jahre Leiter der Pädiatrie in Detroit und wurde zu einem weltweit bekannten Pädiater. Am 21.1.36 schrieb der Vater an den Sohn: "Auch ohne Umschweife: ich gratuliere! Ich hatte nie Zweifel, dass Cambridge die Chance Deiner medizinischen Laufbahn sein würde, die mit kühner Hand ergriffen werden musste…. Könntest Du gleichzeitig bei Tannhauser hospitieren?" (Der berühmte Stoffwechselforscher Prof. Siegfried Tannhauser, Lehrer des Nobelpreisträgers Arnold Krebs, war aus Freiburg nach Boston emigriert). Bezüglich der damals häufigen Scharlachinfektionen rät der Vater dem Sohn: "Mein Vater hatte als Burschenschafter [beide waren in der Breslauer Burschenschaft Radczek aktiv, Anm. d. Autoren] häufig gefochten, aber war nie touchiert worden. Er war empört, dass ich einen Schmiss über die Nase bekam und war demgemäß sehr streng in der Nachbehandlungszeit, damit nichts sichtbar zurückblieb. Denn die Kunst war zu fechten, ohne verletzt zu werden. Übertrage diese Anschauung auf Deinen Kampf mit Scharlach und die anderen Infektionskrankheiten. Die höhere Kunst ist: nicht angesteckt zu werden". Der Brief schließt mit: "Anbei ein Scheck für den nächsten Monat". Der Sohn arbeitet lange Zeit ohne Gehalt – wie viele der Emigranten aus Deutschland.
Gefährliche Reise nach Prag
1936 beschloss Wolf Zülzer zu seinem Doktorvater, dem Pädiater Berthold Epstein, nach Prag zu reisen. Epstein überlebte später Auschwitz. Er wurde dort gezwungen, Mengele bei seinen Versuchen an Kindern zu assistieren. Der Vater ist skeptisch, er schreibt: "Aber – nun kommt ein großes politisches Fragezeichen. Inzwischen ist die Hitler-Mussolini Rede erfolgt und, was wohl noch wichtiger, der Rumänien-Jugoslawien-Tschechoslowakei-Pakt. Da halte ich es gar nicht für ausgeschlossen, dass der rabiate Hitler schnell eingreift, bevor dieser neue Dreierbund aufgerüstet hat. Ich glaube Europa, und speziell Prag, wohin alle neuen deutschen Militärstraßen direkt hinlaufen, ist im Augenblick ein so heißes Pflaster, dass es hier jeden Augenblick zur Explosion kommen kann. Dann säßest Du in einem Kessel, der direkt ins Konzentrationslager führt. Schreibe doch an Epstein, ob er es für geraten hält, jetzt dorthin zu gehen. Ich halte Dich für verständig genug, nicht durch Deine persönlichen Wünsche verblendet zu sein. Schon Wien ist jetzt so übernazifiziert, dass es nicht ratsam wäre, bei Kriegsausbruch oder. dgl. durch Österreich fliehen zu müssen". Dennoch reist der Sohn nach Prag. Beruhigt sind die Eltern erst, als Wolf im März 1937 über Österreich und Frankreich in die USA zurückkehrt.
Kate Zülzer erkrankt
Tief traf Zülzer die Krebserkrankung seiner zweiten Frau Kate (ihr Geburtsname war Katharina Stiller, sie stammte aus Dänemark). Im Juni 1942 wurde bei ihr ein fortgeschrittenes Rektumkarzinom festgestellt. Sie lehnte eine Operation ab. Auch Ärzte sind nicht davor gefeit, wenn persönlich betroffen, zu "Wundermitteln" zu greifen. So gab Zülzer seiner Frau ein von dem Quacksalber Frederick Koch teuer verkauftes Mittel, mit dem er versprach u. a. Krebs heilen zu können. Die amerikanische Zulassungsbehörde (Food and Drug Administration, FDA) versuchte zweimal vergeblich, den Vertrieb dieses Mittels zu verbieten. Zülzer aber gab es seiner Frau, der es damit zunächst besser zu gehen schien. Dann konsultierten sie den Chirurgen Rudolf Nissen, der seit 1941 in Brooklyn tätig war. Nissen war in Berlin der Lieblingsschüler des bedeutenden Chirurgen Ferdinand Sauerbruch gewesen, als Erster hatte er einen ganzen Lungenflügel entfernt. Nissen war zunächst nach Istanbul und dann nach New York emigriert. Seine Meinung war, dass ohne Lädierung des Sphinkters eine Operation nicht möglich sei. Die Zülzers entschieden sich weiterhin gegen eine Operation. Im Februar 1943 berichtet Zülzer seinem Sohn, dass der Tumor weiter fortgeschritten sei und er jetzt eine "Zelltherapie" versuche. Auch um das Schicksal seiner ersten Frau musste sich Zülzer große Sorgen machen. In demselben Brief schreibt er: "Soeben sehe ich ein Mittagsblatt, das über die entsetzlichen, unausdenkbaren Judenausrottungspläne Hitlers berichtet. Ich kann mir Deine Gefühle vorstellen und fühle mit Dir; ich hoffe nur, dass Deine Mutter dem Schicksal zuvorgekommen ist. Der Gedanke, dass alles Leid für Deine Mutter vorüber ist, möge Dich trösten". Zülzer wusste nicht, dass seine erste Frau und deren Mann sich nicht das Leben genommen hatten, wie er annahm, sondern in Theresienstadt überleben würden [Bloch 2023]. Und er konnte nicht ahnen, wie lange der Krieg gegen Nazideutschland noch dauern würde. Im November 1943 hatte Zülzer an seinen Sohn geschrieben: "Noch ein paar solche Städteverwüstungen wie gestern in Berlin und der Frieden ist in Sicht".
Freude über den Sohn, Trauer um Kate
Wolf Zülzer macht zur Freude des Vaters eine brillante Karriere. Er schreibt ihm am 5. Juni 1945: "Mein lieber Sohn, falls Du Dich noch an Deine literarische Jugend erinnerst: Was man in der Jugend sich wünscht, hat man im Alter in Fülle. Ich möchte Goethe etwas variieren: Was sich der Vater ersehnt, erfüllt sich beim Sohn in Fülle. Also meine innigste Gratulation zu den 10 000 $ research fund: das ist ein guter Anfang zu Deiner Karriere!" Aber für den Vater folgen Schicksalsschläge. Am 15. September 1946 schreibt Zülzer an seinen Sohn, er müsse seine Praxis aufgeben, es kämen keine Patienten mehr und seine Frau könne nicht mehr in der Praxis helfen, das Karzinom sei weiter fortgeschritten. Er plant nach Dänemark umzuziehen, seine Tantiemen aus dem Cortunonverkauf genügten für den Lebensunterhalt. Er hofft auf Möglichkeiten, bei der Firma Leo in Kopenhagen zu forschen, wo man ihn kenne. Der Tumor bei Kate Zülzer schreitet fort und sie verstirbt 1946, zuvor hatte eine überdosierte Strahlenbehandlung zu schwersten Brandwunden geführt.
Eutonon
Schon bei der Ankunft Zülzers in New York berichtete die Presse darüber, dass er über Insulin geforscht hatte und an einem "Herzhormon" arbeitete. Bereits 1928 hatte er in der Wiener Gesellschaft für Innere Medizin über sein "Herzhormon" vorgetragen. 1929 erschien eine ausführliche Arbeit "Über das aus der Leber gewonnene Herzhormon "Eutonon"" [Salomon 1929]. Der Extrakt wurde von der Firma Promonta in Hamburg vermarktet, die Zülzer bis zum Eintritt der USA in den Weltkrieg im Dezember 1941 mit dem Mittel versorgte. Zülzer versuchte, Eutonon mit verschiedenen Firmen auch in den USA einzuführen. Ihm fehlten allerdings die Mittel, professionelle Untersuchungen mit dem Extrakt durchzuführen. Zülzer setzte Eutonon sehr häufig in seiner Praxis ein. 1937 macht er seinen Sohn auf eine Arbeit aufmerksam, in der die Wirkung von Digitalis bei Herzinsuffizienz in Frage gestellt wurde und sah darin eine große Chance für sein Eutonon. Was würde Zülzer heute dazu sagen, dass er mit seiner Vermutung, Digitalis sei bei Myokardinsuffizienz nicht hilfreich, damals Recht hatte? Sein Eutonon war höchstwahrscheinlich ungefährlicher für die Patienten als Digitalis.
Aus Eutonon wird Cortunon
Im Mai 1943 berichtet Zülzer seinem Sohn, dass jetzt die Firma Anglo-French Eutonon vermarkten möchte. Anglo-French in Kanada bittet Zülzer, das Eutonon in Cortunon umbenennen zu dürfen, weil dies in Englisch besser klänge und damit auch zu erkennen sei, dass es sich um ein Herzmedikament handelt (Abbildung 3, 4). Zülzer ist zunächst davon nicht begeistert, willigt aber ein. Das Präparat ist erfolgreich – sehr erstaunlich, weil weder klar ist, was eigentlich in dem Leberextrakt enthalten ist, noch eine kontrollierte Untersuchung den Effekt jemals belegt hat. Zülzer ist tief davon überzeugt, dass er ein Herzhormon aus der Leber gewonnen hat. Als in JAMA sein Eutonon als Leberextrakt bezeichnet wird, schreibt er einen Leserbrief, um richtigzustellen, dass es sich um ein Herzhormon handelt [Zülzer 1938]. Cortunon wird auch nach dem Tod von Zülzer noch vertrieben, nicht nur von Anglo-French sondern auch von der Firma Freyssinge in Paris (Abbildung 5).
© National Museum of American History | Abb. 3: Cortunon Packung mit Warnhinweis, dass es kein Vitamin B12 enthält.
© Dr. V. Jörgens | Abb. 4: Reklameschrift für Cortunon [aus der Sammlung von Dr. V. Jörgens].
© Dr. V. Jörgens | Abb. 5: Reklame für Cortunon in Frankreich [aus der Sammlung von Dr. V. Jörgens].
Kanadische Studie mit Cortunon
1946 erscheint eine klinische Publikation über Cortunon in Kanada [Jobin 1946]. Jobin vom Hôtel Dieu in Montréal schreibt, Cortunon sei ein enteiweißter Leberextrakt, dessen aktives Prinzip noch nicht isoliert sei. Es enthielte weder Eiweiß, noch Histamine, Acetylcholin oder Cholin. Nach Zusammenfassung verschiedener Arbeiten über Cortunon, u. a. einer Arbeit von Zülzer über erfolgreiche Behandlung der Digitalisintoxikation mit Cortunon [Zülzer 1942], schildert Jobin die Behandlung von 48 Patienten mit sechs verschiedenen Krankheitsbildern (zwei Grade von Hypertonie, Angina pectoris mit und ohne Hypertonie, Myokardinfarkt und Asystolie). Bei 20 der Patienten berichtet er merkliche Besserung, sei es der Hypertonie oder der KHK. Objektive Veränderungen im EKG fand er nicht. Heutzutage wäre eine solche rein deskriptive Erhebung ohne Kontrollpatienten nicht publizierbar. Dass es sich um eine Arbeit im Auftrag der Firma Anglo-French handelte, ist möglich, denn es fanden sich in den USA Sonderdrucke in englischer Übersetzung. Zülzer kannte den Autor nicht, doch er freute sich über diese Arbeit. Aber er war sich der geringen Qualität der Studien bewusst, denn mehrfach bat er seinen Sohn eindringlich darum, korrekte klinische Studien mit Cortunon an seiner Universitätsklinik durchzuführen. Der Sohn stand dem Präparat allerdings kritisch gegenüber und die Pädiatrie war ohnehin für Studien mit Cortunon weniger geeignet.
Forschung bis ins hohe Alter
Auch im Rentenalter sprühte Zülzer immer noch vor Ideen. Im März 1943 schreibt er an den Sohn, dass er, Warburgs Ideen folgend, bei fünf Patienten eine Krebsbehandlung mit Aminosäuregaben unternommen habe. Der deutsche Physiologe Otto Heinrich Warburg beobachtete, dass Krebszellen zur Energiegewinnung nach der Glykolyse das Pyruvat als Milchsäure ausscheiden statt über den Citrat-Zyklus (Warburg-Effekt) und schlussfolgerte, dass dies die Ursache der Entstehung von Krebs sei. Zülzer entwickelte auch ein Peristaltikhormon, dass er Perinkret nannte. Aber ihm fehlte völlig ein akademisches Umfeld für die professionelle Untersuchung seiner Ideen. Nur einmal in seinem Leben war er mit der Entdeckung des Insulins einem Welterfolg ganz nahe, aber dies wurde nur mit der Unterstützung durch den Chemiker Reuter möglich – genauso wie es in Toronto nicht Banting und Best waren, sondern der Biochemiker Collip, der ein brauchbares Insulinpräparat herstellte. So bleibt es mangels exakter Analysen rätselhaft, was in Cortunon und seinen anderen Präparaten enthalten war. Nach der Emigration in die USA teilte Zülzer das Schicksal vieler aus Deutschland geflohener Forscher, die zwar ihr Leben retteten, aber in der Emigration nicht an frühere wissenschaftliche Erfolge anschließen konnten.
Georg Zülzer starb im Alter von 79 Jahren am 15. Oktober 1949 in Patchogue, N.Y. Das Grab befindet in Troy bei Detroit. Die Nachkommen brachten darauf die Inschrift an: "Der erste Arzt, der mit einem Extrakt aus dem Pankreas Menschen mit Diabetes aus dem terminalen Koma brachte" (Abbildung 6).
© privat/B. Kusko geb. Zülzer | Abb. 6: Grabstein von Prof. Zülzer in Troy bei Detroit.
Anmerkung
Soweit nicht anders vermerkt, stammen die Informationen aus den Briefen Zülzers an seinen Sohn Wolf. Die Originalien und die Transkription von Prof. Kemmer befinden sich im Archiv des Jüdischen Museums in Berlin und sind dort nach Anmeldung einsehbar.
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Erschienen in: Diabetes, Stoffwechsel und Herz, 2025; 34 (5) Seite 296-301
