Einer der größten "Sponsoren" von Forschung in Europa ist die Europäische Union (EU). Dabei ist sie nicht als ein homogener Block zu verstehen, sondern es gibt unterschiedliche "Fördertöpfe", die sich für verschiedene Projekte adressieren lassen. Die im Folgenden betrachtete Fragestellung lautet: Fördert die EU auch Projekte zum Thema Diabetes-Technologie? Gilt das auch für deutsche Projekte oder Projekte mit deutscher Beteiligung und wenn ja, wie viele sind dies und welche? Zur Beantwortung dieser Frage wurden im Internet die frei zugänglichen Datenbanken der EU gesucht und durchsucht, wobei der Anspruch auf Vollständigkeit und Strukturiertheit des Durchsuchens begrenzt war.
Horizon Europe
Auf der EU-Homepage (CORDIS – EU research projects under HORIZON EUROPE (2021 – 2027)) findet sich eine Excel-Tabelle mit einer Auflistung von EU-unterstützten Forschungsprojekten [EU 2023]. Die Ergebniszahl war beachtlich: insgesamt 14 750 Projekte, die offenbar aus unterschiedlichen EU-Töpfen gefördert werden.
Die weitere Analyse erfolgte zunächst nach dem Stichwort "diabetes". Diese Suche ergab 174 Treffer. Das Wort "diabetic" führte zu weiteren 33 Hits.
Diese Treffer tauchen in verschiedenen Spalten der Excel-Tabelle auf, wie bei dem Akronym (3 Hits: PREVENTDIABETES, MUSIC4DABETES, SenseDiabetes), den Projekttiteln (38 Hits) oder den Objectives (133 Hits). Die 38 Treffer der Projekttitel plus die vier Projekttitel mit dem Wort "diabetic" plus zwei weitere mit dem Wort "Insulin" und drei weitere, bei denen das Wort "diabetes" anderswo auftaucht, ergeben insgesamt 47 Projekte (Tabelle 1).
Die Projekttitel zeigen eine beeindruckende Bandbreite an diabetesbezogenen Themen, an denen in der EU geforscht wird. Allerdings sind auch eine Reihe von Projekten dabei, deren Ausrichtung sich nicht auf klinische Aspekte der Versorgung von Patienten mit Diabetes (z. B. mit Diabetes-Technologie) bezieht. Das Thema Diabetes dient hier offenbar eher als "Aufhänger" beispielsweise für biochemische Fragestellungen.
Eine Selektion der Projekte anhand von Titel und Angaben der Objectives, die passend zu der hier betrachteten Fragestellung erscheinen, reduziert die Anzahl der Projekte von 47 auf 32 (68 %) (Tabelle 1). Schaut man sich diese 32 Projekte genauer an, z. B. durch Aufsuchen der Homepages (die es nicht für alle Projekt gibt), bleiben sieben von den 32 Projekten (22 %), die sich gezielt mit Diabetes-Technologie und dem klinischen Einsatz beschäftigen. Betrachtet man diese sieben Projekte genauer, dann:
- ist das Projekt PREVENTDIABETES seit Anfang 2024 beendet und nicht unter deutscher Beteiligung gelaufen,
- endete das französische Projekt "Lassie" Ende Januar 2025,
- läuft das Projekt MuSiC4Diabetes1 unter deutscher Beteiligung (EURICE, FIDAM und Fraunhofer-Gesellschaft) noch bis 2027,
- ist das spanische Projekt FAIRGLUCOSE seit 2023 beendet,
- endet das dänische Projekt Go-Pen Mitte 2025,
- läuft das Projekt PRISMA unter internationaler Beteiligung, aber ohne deutsche Partizipation und endet 2025,
- läuft das Projekt GLUMON2 unter deutscher Beteiligung und endet 2026.
In dieser Liste werden also auch Projekte aufgeführt, deren Förderungszeitraum abgelaufen ist. So taucht in dieser Horizon Europe-Excel-Tabelle z. B. das Projekt FORGET DIABETES3 nicht auf, welches unter deutscher Beteiligung (FIDAM, Bad Mergentheim) noch bis Mai 2025 läuft. Dies liegt vermutlich daran, dass dieses Projekt unter dem Horizon-Programm 2020 (2014 – 2020) finanziert wurde und nicht in dem aktuellen Zeitrahmen von Horizon Europe (2021 – 2027). Weiterhin taucht ein Diabetes-Technologie-Projekt nicht in dieser Tabelle auf, an dem die Universitätsklinik Graz beteiligt ist (ELSAH4). Hier gilt vermutlich das Gleiche, d. h. die Förderung hat schon unter dem älteren Horizon-Programm begonnen.
Die sechs weiteren Projekte (wie dAIbetes, MELISSA5 oder PRAESIIDIUM6), die sich mit Diabetes, Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (AI) beschäftigen, wurden hier nicht weiter betrachtet, denn eine eindeutige Trennung zwischen Diabetes-Technologie und Digitalisierung ist schwierig. Es erfolgt auch keine weitergehende Betrachtung der verschiedenen Projekte dahingehend, welche Förderprogramme hinter der Finanzierung welcher Projekte stehen und auch nicht, welche Finanzierungsvolumina die jeweiligen Projekte aufweisen.
EU Funding & Tenders Portal
Gibt man bei einem anderen EU-Portal [European Commission (EU Funded projects)] den Begriff "diabetes" ein, werden für den Zeitraum 2021 bis 2027 insgesamt 55 Projekte gelistet, davon 43 bei Horizon Europe, neun bei "EU4Health Programme" und drei bei Erasmus. Mit Hilfe von Filtern lassen sich die Projekte verschiedenen Jahren, Programmen und Topics (= Calls) zuordnen.
Bei Horizon Europe tauchen vier Projekte auf, die unter deutscher Koordination laufen (MuSiC4Diabetes, MOSAIC, dAIbetes, TRUSTED). Dabei taucht MOSAIC7, das unter Leitung des Helmholtz-Zentrum in München läuft, in der oben erwähnten Horizon Europe-Liste nicht auf. Gefördert wird dieses Projekt von CORDIS und es beschäftigt sich mit Diabetes-Technologie. dAIbetes und TRUSTED hingegen beschäftigen sich nicht mit Diabetes-Technologie, es sind Digitalisierungsprojekte im Zusammenhang mit Diabetes. Bei den EU4Health-Programm und dem Erasmus-Programm sind keine Projekte gelistet, die unter deutscher Koordination laufen.
EU EIC Pathfinder
Das Förderungsprogramm "EIC Pathfinder Challenge " läuft unter der Überschrift: "Towards the Healthcare Continuum: technologies to support a radical shift from episodic to continuous healthcare" [European Commission (EIC Pathfinder Challenge)]. Bei den aufgelisteten neun Projekten wird das Projekt MuSiC4Diabetes erwähnt, aber auch das Projekt MiWear8. Dieses Projekt wird auch in der Horizon Europe-Tabelle gelistet, allerdings wird das Wort Diabetes nicht verwendet. Möglicherweise war dies Absicht aus antragsstrategischen Gründen. In diesem Sinne gibt es zwei weitere Projekte ("Towards the ultimate breath analysis-based continuous healthcare" und "Miniaturized plasma emission spectroscopy-based breath analysis for unobtrusive at-home monitoring and prediction of COPD exacerbations") die sich mit der Analyse von Atemluft beschäftigen. Dabei sollen Biomarker gemessen werden, darunter wohl auch Glukose. Das Stichwort "Diabetes" wird nicht gezielt erwähnt.
Weitere Förderungsoptionen
Es kann gut sein, dass bei dieser Betrachtung der Forschungslandschaft in Europa relevante EU-Projekte in Hinsicht auf die Fragestellung übersehen wurden. Unter Verwendung anderer Suchwörter (z. B. Biomarker oder "metabolisches Syndrom") werden möglicherweise noch andere Projekte gefunden, wobei es schon bemerkenswert ist, wenn das Wort "Diabetes" in den Zielen eines gegebenen Projektes nicht erwähnt wird.
Eine andere Förderungsoption stellt die Europäische Diabetes Gesellschaft (EASD) dar. Es gibt die Möglichkeit, Anträge für Projekte bei einer Unterorganisation einzureichen (European Foundation for the Study of Diabetes, EFSD9).
Relevanz der EU im Bereich Diabetes-Technologie
Diabetes-Technologie ist angewandte Forschung mit direktem Bezug zum Nutzer. Die rasante Entwicklung von Diabetes-Technologie in den letzten Jahrzehnten, mit Produkten zum kontinuierlichen Monitoring von Glukose (CGM), Insulinpumpen und Systemen zur automatisierten Insulininfusion (AID), hat die Lebensqualität von Millionen von Menschen weltweit erheblich verbessert. Diese Technologien ermöglichen eine sichere und zuverlässige Kontrolle des Glukoseverlaufes, was das Risiko von Komplikationen wie Hypoglykämie und Hyperglykämie reduziert. Darüber hinaus fördern sie das Selbstmanagement und die Autonomie der Patienten, indem sie Echtzeitdaten und personalisierte Empfehlungen bieten.
Dies ist ein deutlicher Unterschied zur Biotech-Forschung, bei der der Nutzen und die Anwendung vielfach noch in weiter Ferne sind und die keine unmittelbaren Lösungen für die alltäglichen Herausforderungen von Menschen mit Diabetes bieten. Daher sollte sich die EU für diesen Forschungsbereich interessieren. Während die Biotechnologie oft auf langfristige Ziele wie die Entwicklung neuer Medikamente oder Therapien abzielt, die erst nach vielen Jahren der Forschung und klinischen Studien verfügbar werden, bietet die Diabetes-Technologie sofortige und praktische Lösungen. Dies macht sie besonders wertvoll für die direkte Anwendung und den unmittelbaren Nutzen der Patienten. Die Diabetes-Technologie ist ein Paradebeispiel für angewandte Forschung, die direkt auf die Bedürfnisse der Nutzer eingeht und sofortige Vorteile bietet. Angesichts der wachsenden Prävalenz von Diabetes und der damit verbundenen gesundheitlichen Herausforderungen ist es unerlässlich, dass die EU weiterhin in diesen Bereich investiert und innovative Lösungen fördert, die das Leben von Menschen mit Diabetes verbessern.
Aktuell ist die Situation in den meisten EU-Ländern so (genaue Zahlen liegen nicht vor), dass die Zahl von Patienten mit Diabetes weiter deutlich ansteigt, während gleichzeitig die Anzahl von "Diabetologen" abnimmt. In Deutschland gehen in den nächsten Jahren rund 40 % der Diabetologen in Rente [Kulzer 2023]. In solch einem Dilemma kann Diabetes Technologie eine signifikante Lösung werden, z. B. durch virtuelle Diabetes-Kliniken, die eine Art Bindeglied zwischen Digitalisierung und technischen Optionen wie CGM- und AID-Systemen bieten können. Solche innovativen Ansätze stellen auch eine Option dar, die ansteigenden Gesundheitskosten im Bereich Diabetes in den Griff zu bekommen. Es gilt, die technischen Möglichkeiten mit geeigneten Datenmanagementoptionen, auch unter Nutzung von Apps, zusammenzubringen.
Was fördert die EU überhaupt?
Vom Ansatz her fördert die EU tendenziell frühe Projektphasen und nicht weiter entwickelte Lösungen, die eher in dem Aufgabenbereich der Hersteller gesehen werden. In Anbetracht der Probleme, die diese anscheinend mit der Kommerzialisierung haben, werden es wohl die meisten der EU-geförderten Projekte nicht dahin bringen, die Versorgung von Patienten mit chronischen Erkrankungen langfristig zu verbessern. Patientenzentrierte oder klinisch orientierte Forschung – die für die Diabetes-Community in der EU von zentraler Bedeutung ist – findet ebenfalls weniger Beachtung. Dies reduziert vermutlich das Interesse vieler Kollegen der Diabetes-Community an der Initiierung von Projekten bzw. dem Stellen eines Förderantrags.
Bei Horizon Europe, dem wohl wichtigsten EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation, erfolgt die Auswahl der Projekte auf Basis von wissenschaftlicher Exzellenz, Wirkung und Qualität der Umsetzung [European Commission (Eligibility)]. Es gibt keine festen Länderbudgets, die Mittel werden wettbewerbsorientiert vergeben. Horizon Europe zielt darauf ab, die besten Projekte zu fördern, unabhängig vom Herkunftsland der Antragsteller. Dies fördert die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen verschiedenen Ländern und Institutionen innerhalb der EU und darüber hinaus [Wikipedia contributors 2025].
Es gibt jedoch Länderbudgets im Rahmen des EU-Haushalts, die sicherstellen, dass Mittel für verschiedene Mitgliedstaaten und Regionen zur Verfügung stehen. Der EU-Haushalt wird in mehrjährigen Finanzrahmen geplant, die über mehrere Jahre hinweg festlegen, wie viel Geld für verschiedene Programme und Initiativen bereitgestellt wird. Diese Budgets berücksichtigen die unterschiedlichen Bedürfnisse und Prioritäten der Mitgliedstaaten und zielen darauf ab, wirtschaftliche, soziale und territoriale Kohäsion zu fördern [European Commission (Horizon Europe)].
Wenn man eine Finanzierung von Projekten durch die EU erreichen will, sind die Chancen höher, wenn man Institute und Partner aus kleineren Ländern mit ins Boot holt (z. B. Baltische Staaten) und Kontakte zu entsprechende Firmen hat.
Tab. 1: Projekte, die von der EU im Rahmen des HORIZON EUROPE gefördert werden und die eine Beziehung zum Thema Diabetes-Technologie aufweisen und unter deutscher Beteiligung laufen. "Digitalisierungs-Projekte" wurden nicht weiter betrachtet.
Aufwand für Antragsstellung und Projekt-Durchführung
In Anbetracht des zeitlichen und organisatorischen Aufwandes, der hinter der Erstellung eines Antrags für ein Projekt, die Zusammenstellung eines geeigneten Konsortiums und der Einreichung eines Forschungsantrages bei der EU steckt, dieser geht in Richtung "Personen-Jahre", können nur etablierte Einrichtungen mit geeigneten Strukturen Anträge bei der EU stellen. Ein innovatives Start-Up kann dies nur unter großen Mühen schaffen, wenn überhaupt. Dazu kommt, dass für einen erfolgreichen Antragsprozess die Zusammenarbeit mit einer darauf spezialisierten Agentur (von denen es beispielsweise in Brüssel einige gibt) essenziell ist, um die Qualität der Antrags-Unterlagen und des gesamten damit zusammenhängenden Kommunikationsprozess sicherzustellen. Am Ende eines komplexen und langwierigen Auswahlverfahrens der EU steht dann vielfach ein negativer Bescheid.
Sollte es doch einen positiven Bescheid geben und das Projekt wird gefördert, ist der administrative Aufwand für die Koordination und das logistische Handling beachtlich. Dazu kommt die Schwierigkeit, den bei EU-Projekten notwendigen eigenen Finanzierungsanteil an jedem Projekt darzustellen. Dieser Aufwand, zusammen mit den eher schlechten Erfolgsaussichten, halten vermutlich viele potenzielle Antragsteller ab, ihre Zeit und Energie in die bürokratische Abwicklung eines solchen Projekts und die damit verbundene Verantwortung zu stecken. Hier ist eigentlich die EU gefordert, die Abläufe und Prozeduren zu verbessern um potenzielle Antragsteller nicht von vorneherein abzuschrecken.
Was ist die Konsequenz für Deutschland?
Wenn man sich fragt, warum es in einem Land wie Deutschland eher wenige solche Projekte gibt, kommt man schnell darauf, dass es in unserem Land nur relativ wenige "Zentren" gibt, die überhaupt klinische Forschung im Bereich Diabetes-Technologie "betreiben" (wie das Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT, das Institut für Diabetestechnologie in Ulm, das Profil Institut für Stoffwechselforschung in Neuss, FIDAM in Bad Mergentheim sowie das Helmholtz Institut in München). Alle genannten Institutionen haben keinen unmittelbaren universitären Hintergrund, sodass ein Rückgriff auf die logistischen Strukturen einer Universität im Umgang mit Anträgen hoher Finanzvolumina und bürokratischen Anforderungen an Behörden (IT, Datenschutz, Antragswesen, Personalwesen, Controlling…) nicht gegeben ist.
Eine andere Betrachtung ist, dass Diabetes-Technologie bereits ein hohes Entwicklungsniveau erreicht hat und es wenig Bedarf an weiterer Forschung gibt. Da Förderanträge klar zeigen müssen, dass die vorgeschlagenen Projekte innovativ sind, wird bei deren Beurteilung die Notwendigkeit dafür vielleicht nicht gesehen.
Aktivitäten der Medizinprodukte-Hersteller
Ein wichtiger Faktor für einen positiven Bescheid bei solchen Anträgen ist die Zusammenarbeit mit industriellen Partnern, die an solchen Projekten Interesse haben bzw. die notwendigen Ressourcen dafür bereitstellen können. Es gilt im Antrag detailliert darzulegen, welche Planungen es dazu gibt, die Forschungsergebnisse in kommerzielle Produkte und Aktivitäten umzusetzen. Die EU legt aus berechtigten Gründen Wert auf solche Kooperationen.
Leider gibt es nur noch wenige Hersteller von Medizinprodukten im Bereich Diabetes-Technologie, die in der EU angesiedelt sind. Die meisten der großen Hersteller sind US-basiert oder kommen aus der Schweiz. Insgesamt findet eher wenig Wertschöpfung in der EU statt und es gibt auch kaum Arbeitsplätze in diesem Bereich. Es wäre spannend, die hier für Diabetes durchgeführte Betrachtung auf andere Indikationsgebiete (z. B. Krebs) auszuweiten und zu schauen, wie dort die Umsetzung in klinischen Anwendungen erfolgt.
Dabei war und ist die Medizinprodukteindustrie in Deutschland – historisch betrachtet – ausgesprochen stark und gut etabliert, dieses allerdings in Form mittelständischer Unternehmen. Firmen, bzw. im Endeffekt deren Geschäftsführung, davon zu überzeugen, Geld in Projekte zu investieren, die erst in einer Reihe von Jahren zu Produkten führen, wenn sie denn erfolgreich sind, ist immer eine gewisse Herausforderung. Dafür ist der Zeithorizont in den meisten Firmen deutlich kurzfristiger zu sehen ("Return of Investment"). Hersteller investieren nicht in Grundlagenforschung, sind aber sehr wohl interessiert an Projekten, die zu ihren eigenen Entwicklungsaktivitäten passen, die sie ohnehin betreiben würden, um ihre Produkte weiterzuentwickeln. Hier gibt es offenbar einen schmalen Grat zwischen üblicher Produktentwicklung und einem förderungswürdigen EU-Projekt.
Das Fehlen von großen Herstellern in Deutschland im Bereich der Diabetes-Technologie, aber auch in Europa insgesamt (mit Ausnahme der Schweiz), stellt eine weitere Schwierigkeit dar. Die Involvierung von amerikanischen Unternehmen in solchen Projekten wird auf EU-Ebene kritisch betrachtet, da scheint es Befürchtungen auf "Fehlsubventionierung" zu geben. Falls es doch zur Involvierung von US-Firmen kommt, sind umfangreiche und komplexe Lizenz- und Intellectual-Property-Vereinbarungen erforderlich.
Forschungsförderung in Deutschland
Der deutsche Staat fördert Diabetesforschung in einem ganz erheblichen Ausmaß, z. B. über das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung, wobei klinische Forschung und insbesondere Themen aus dem Bereich Diabetes-Technologie dabei eher wenig bis gar nicht vertreten sind. Es gibt anscheinend auch keine Grundlagen- und wenig anwendungsbezogene Forschung (z. B. im Bereich der Max-Planck-Institute oder der Fraunhofer-Gesellschaft) zu dem hier relevanten Thema. Hinzu kommt, dass es auch kaum noch universitäre Abteilungen gibt, die sich grundlagenmäßig oder in klinischer Hinsicht mit diesem Thema beschäftigen. Das deutsche Gesundheitssystem und insbesondere die Kostenträger sollten eigentlich daran interessiert sein, dass mehr entsprechende Forschung (auch im Sinne von Versorgungsforschung!) zu den vielen in diesem Zusammenhang relevanten Aspekten, auch in diesem Land erfolgt. In Anbetracht dessen, dass Deutschland den größten Markt für Diabetes-Technologie in Europa darstellt, mit Ausgaben für entsprechende Medizinprodukte in einer Größenordnung von über einer Milliarde Euro pro Jahr, verwundert dies.
Zusammenfassung
In Hinsicht auf die initial gestellte Frage wurden im Endeffekt fünf Projekte mit deutscher Beteiligung gefunden (MuSiC4DIABETES, GLUMON, FORGETDIABETES, MiWear und MOSAIC). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie viele Projekte überhaupt aus Deutschland heraus beantragt wurden, aber keinen positiven Bescheid bekommen haben und nicht gefördert wurden. Zu beantragten, aber abgelehnten Projekten gibt es keine öffentlich zugänglichen Datenbanken, die Aussagen dazu liefern könnten.
In der Vergangenheit hat die EU große Projekte gefördert, die sich gezielt mit Diabetes-Technologie unter deutscher Beteiligung befasst haben (z. B. AP@Home). Anscheinend sind in den letzten Jahren wenige "Calls" von der EU initiiert worden, die das Thema Diabetes und insbesondere Diabetes-Technologie im Fokus hatten. Angesichts der wachsenden Prävalenz von Diabetes und der damit verbundenen gesundheitlichen Herausforderungen, ist es aber unerlässlich, dass die EU weiterhin in diesen Bereich investiert und innovative Lösungen fördert, um das Leben von Menschen mit Diabetes zu verbessern.
Was also muss getan werden, damit entsprechende Projekte von Deutschland ausgehend organisiert werden oder zumindest unter deutscher Beteiligung laufen? Dieses Thema gezielt anzugehen, ist eine medizin-, gesundheits- und wirtschaftspolitische Aufgabe.
- https://music4diabetes.eu/
- https://glumon.munichimaging.eu/
- https://forgetdiabetes.eu/
- https://www.elsah.researchproject.at/home.php
- https://www.melissa-diabetes.eu/
- https://praesiidium.spindoxlabs.com/
- https://cordis.europa.eu/project/id/101186537
- https://miwear.eu/
- https://www.europeandiabetesfoundation.org/index.html
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Erschienen in: Diabetes, Stoffwechsel und Herz, 2025; 34 (2) Seite 80-84