Die Stiftung DHD weist seit mehr als 20 Jahren auf den reziproken Zusammenhang zwischen Stoffwechselentgleisung und Herzschwäche hin. In einem Positionspapier der DDG und der DGK wurde dies unlängst bestätigt. Was zu tun ist, sagt Ihnen Professor Diethelm Tschöpe.
Das Herz bestimmt die Prognose bei Diabetes. Mit Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörung steigt die Gefahr für kardiale Dekompensation bis plötzlichen Herztod. Das Risiko dafür ist bei Typ-1-Diabetes nicht geringer als bei Typ-2-Diabetes. Zunehmend gibt es auch Hinweise für ein höheres Herz-Kreislauf-Risiko bei schlanken, stoffwechselkranken Menschen, im Vergleich zu adipösen Menschen, die stoffwechselgesund sind.
Wie hängen Herzinsuffizienz und Diabetes zusammen? Was ist prognostisch relevant? Welche Effekte haben neue pharmakologische Substanzen? Wer versorgt die Patienten? Diese Fragen beantwortet Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe im Beitrag der Stiftung DHD (Der herzkranke Diabetiker).
Das DZD (Deutsche Zentrum für Diabetesforschung) berichtet über Forschungsergebnisse, in der metabolische Gesundheit neu definiert wird und Risikocluster dabei helfen könnten, die Heterogenität von Patientengruppen samt kardiometabolischem Risiko zu identifizieren.
Das Thema Herzrhythmusstörungen, insbesondere mit Fokus auf den atrioventrikulären Block III. Grades greifen Dr. med. Tatjana Opacic und Dr. med. Muhammed Gercek aus dem Herz- und Diabeteszentrum NRW auf. Das Autorenkollektiv der Diabetologie und Kardiologie empfiehlt regelmäßige Kontrolluntersuchungen.
Was passiert, wenn bei Kardiomyopathie medikamentös nichts mehr geht? Welche technischen Möglichkeiten der Herzunterstützung gibt es? Wann kommt die Organspende infrage? Darüber informieren Artur Rajtor und Daniela Röfe vom Transplantationsteam der Thorax- und Kardiovaskularchirurgie im Herz- und Diabeteszentrum NRW.
Kati Hertrampf
Im letzten Jahr ist das gemeinsame Positionspapier der DDG (Deutschen Diabetes Gesellschaft) und DGK (Deutschen Gesellschaft für Kardiologie) zur Herzinsuffizienz (HF: Heart Failure) als prognosetreibende Komplikation des Diabetes mellitus erschienen. Damit wird das Monitum der Stiftung DHD (Der herzkranke Diabetiker) bestätigt.
Seit über 20 Jahren weist die Stiftung auf den reziproken Zusammenhang von Herzschwäche und Stoffwechselentgleisung hin und ist in Ko-Autorenschaft des DDG/DGK-Positionspapiers vertreten. Motto: vom Stoffwechselversagen zum Herzversagen!
Transition der Herzschwäche in manifeste Herzinsuffizienz
In diesem Zusammenhang erscheint das Papier aus der ARIC-(Atherosclerosis Risk in Communities)-Studie von besonderer Bedeutung, das auf den Zusammenhang von entgleistem Metabolismus und HF-Progression hinweist. Knapp 4800 Erwachsene wurden zu Beginn der Beobachtungsperiode in Probanden mit Risikofaktoren-Phänotyp ohne und mit strukturellen Kriterien einer Herzerkrankung eingeteilt. Strukturelle Veränderungen einer Herzerkrankung lagen vor, wenn z.B. proBNP erhöht oder kardiales Troponin T nachweisbar waren, jedoch ohne Zeichen einer klinische apperzepten Herzschwäche. Über eine fast achtjährige Beobachtungszeit lag die Inzidenz einer klinisch relevanten HF zwischen 1,6 bis 7 über dem Risiko der nicht-diabetischen Kontrollkohorte. Dabei waren insbesondere Diabetiker mit strukturellen Herzveränderungen (HFpEF: Heart Failure with preserved Ejection Fraction) am stärksten betroffen und Diabetespatienten, bei denen sich eine Dekompensation in signifikant jüngerem Lebensalter, bzw. nach signifikant kürzerer Zeit, auftrat. Besonders auffällig war die inverse Beziehung zur HbA1c-Kontrolle, was die Autoren neben einer erhöhten HF-Inzidenz bei Menschen mit Diabetes zu der Forderung einer besonders korrekten Kontrolle aller Risikofaktoren, aber auch insbesondere der Blutglukose in dieser Hochrisikopopulation veranlasst. Damit liefert die ARIC-Studie indirekt Belege für die Driver-Funktion des Diabetes mellitus als Faktor, bzw. der unkontrollierten Hyperglykämie, für die Transition der präklinischen Herzschwäche (HFpEF) in die manifeste Herzinsuffizienz (HFrEF Heart Failure with reduced Ejection Fraction) (Abb. 1).
Pleiotrope Off-Target-Effekte
Diese Daten müssen komplementär zur großen Effektivität des Einsatzes von SGLT-2 (Sodium glucose linked transporter 2)-Inhibitoren bei HFrEF, aber auch bei HFpEF (EMPEROR Preserved-Study, Deliver-Study) verstanden werden, was das Konzept vom "Metabolic failure to heart failure" nachhaltig unterstützt. Im Jahr 2014 hatte Prof. Wolfram Döhner auf die Bedeutung der metabolischen Kontrolle für die Initiierung des pathogenetischen Prozesses in die manifeste Herzinsuffizienz lange vor der neurohormonalen Aktivierung hingewiesen (Abb. 2). Daher sind pleiotrope Off-Target-Effekte neben der antihyperglykämischen Wirkung, insbesondere auf das Inflammasom, den myokardialen Substratstoffwechsel, die Sympathikus-Aktivierung, die kardiale und renale Hämodynamik, für Menschen mit Diabetes als besonders organprotektiv einzuschätzen. Die Gruppe der SGLT-2-Hemmer hat in den entsprechenden Indikationen Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz bereits entsprechende Zulassungslizenzen erreicht.
Mehrzahl früher HF-Stadien primärztlich betreut
Mit den Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten etabliert sich auf dem Boden der Figaro- und Fidelio-Studie ein weiteres antiproliferatives Prinzip zur Kardio- und Nephroprotektion, sodass neben der myokardialen Stoffwechseloptimierung weitere pharmakologische Prinzipien zum Organschutz unter diesen besonderen Bedingungen zur Verfügung stehen.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Betroffenheit bei Patienten mit Typ-1-Diabetes von diesen Endpunkten wahrscheinlich noch höher liegt, allerdings der Einsatz der oben zitierten Medikamente derzeit zulassungsbeschränkt ist. Die Mehrzahl der frühen HF-Stadien (HFpEF) werden wahrscheinlich außerhalb der fachärztlichen Zuständigkeit in der Hausarztpraxis betreut. Vor dem Hintergrund der genannten Zusammenhänge sollte deshalb der primärärztlichen Versorgung große Aufmerksamkeit geschenkt werden. In diesem Kontext ist die revidierte Auflage der nationalen AWMF-Versorgungsleitlinie "chronische Herzinsuffizienz" in Deutschland hervorzuheben, von der herzkranke Patienten mit Diabetes besonders profitieren sollten.
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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2023; 35 (7/8) Seite 11-12