Deutschlands Diabetesexperten sind enttäuscht über den zu laxen Umgang mit dem Thema "Lebensmittelkennzeichnung". Sie fordern den Nutri-Score, die Lebensmittel-Ampel.

Ein Kind, das in Deutschland in einer armen Familie geboren wird, hat ein viermal so hohes Risiko, stark übergewichtig zu werden, als ein Kind wohlhabender Eltern, erklärte Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) bei einer Pressekonferenz im Mai in Berlin. Diese Daten des Robert Koch-Instituts müssten die Politik längst aufrütteln – tun sie laut DDG aber nicht.

Beim Thema "Gesunde Ernährung" wirft die Fachgesellschaft der Regierung eine Politik des "Nichthandelns" vor – ob bei der sog. Reduktionsstrategie (wir berichteten) oder bei der Diskussion um die richtige Lebensmittelkennzeichnung.

Auch heute schon sind Hersteller von Fertigprodukten verpflichtet, auf Lebensmittelverpackungen den Gehalt von Energie, Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz anzugeben.Als vorteilhaft haben sich hier Kennzeichnungsmodelle erwiesen, die nicht nur "ungünstige" Inhaltsstoffe wie Salz, Zucker oder den Energiegehalt bewerten, sondern auch "günstige" wie Ballaststoffe. Das erklärte das Max-Rubner-Institut, das im Auftrag des Bundesernährungsministeriums 11 Kennzeichnungssysteme geprüft hat.

Lebensmittel-Ampel: von A bis E

Der Sieger heißt "Nutri-Score". Die sog. Lebensmittel-Ampel zeigt auf der Vorderseite der Produktverpackung die Nährwertqualität des jeweiligen Lebensmittels an. Das System basiert auf einer fünfstufigen Farbskala von dunkelgrün bis rot und mit den Buchstaben A (vorteilhafte Nährwertqualität) bis E (weniger vorteilhafte Nährwertqualität). Je günstiger die zusammenfassende Bewertung ausfällt, desto mehr tendiert die Bewertung zur Farbe Grün bzw. zum Buchstaben A.

In Frankreich gibt es diese fünfstufige Kennzeichnung schon, Belgien, Spanien, Portugal und Luxemburg wollen nachziehen. Der Nutri-Score führe nachweislich dazu, dass die Menschen gesünder einkaufen, so Müller-Wieland. Auch große deutsche Lebensmittelhersteller nutzten die Kennzeichnung schon freiwillig, wie etwa Danone, Iglo und Bofrost.

Doch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner favorisiert ein eigenes System. "Diese Zeit haben wir nicht! Wir fordern Frau Klöckner auf, den Koalitionsvertrag umzusetzen und wie angekündigt in diesem Sommer eine neue Kennzeichnung für Deutschland vorzulegen", so der DDG-Präsident.



Autorin: Angela Monecke
Redaktionsbüro Angela Monecke
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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2019; 31 (6) Seite 8