Wie steht es um die aktuellen Rahmenbedingungen zur Kostenerstattung bei Systemen zur kontinuierlichen Glukosemessung (rtCGM) nach der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschussees (G-BA)? Das erläutert Andreas Karch, Mitglied der AG Diabetes &Technologie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (AGDT).

Für Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (rtCGM = Echtzeitmessung) darf rechtskräftig seit September 2016 eine Kassenärztliche Verordnung ausgestellt werden. Dies gilt für Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus mit einer intensivierten Insulintherapie (ICT) oder Insulinpumpentherapie (CSII). Das bedeutet jedoch nicht, dass nun alle Patienten automatisch auf Kassenrezept ein rtCGM-System bekommen werden.

Es gibt einige Punkte, die im Vorfeld erfüllt sein müssen:

  • Bei Patientinnen oder der Patienten mit einer intensivierten Insulintherapie oder Insulinpumpentherapie sollte eine relativ aktuelle Schulung auf die jeweilige Therapie erfolgt sein und deren Inhalte angewendet werden.
  • Die Verordnung darf nur durch Fachärzte mit diabetologischer Qualifikation erfolgen (z. B. Facharzt für Innere Medizin, Diabetologen und Endokrinologe, Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit der Anerkennung "Kinder-Endokrinologie und -Diabetologie").
  • Seitens des verordneten Arztes sollte eine dauerhafte fachkompetente Betreuung und Nachbetreuung sichergestellt sein.
  • Die zwischen Arzt und Patient festgelegten individuellen Ziele zur Einstellung konnten auch unter Ausschöpfung der aktuellen Therapie bei Beachtung der jeweiligen Lebenssituation des Patienten bisher nicht erreicht werden. Die Ärztin oder der Arzt dokumentiert das Therapieziel und im Verlauf der weiteren Behandlung die Zielerreichung.
  • Es muss eine umfassende Dokumentation des bisherigen Verlaufs der Behandlung mit inhaltlich aussagekräftigen Einträgen in den Blutzuckertagebüchern vorliegen. Es ist unerheblich, ob die Dokumentation in manueller oder elektronischer Form vorliegt.

Schulungsteilnahme ist erforderlich

Außerdem ist es zwingend erforderlich, dass vor der dauerhaften Nutzung eines rtCGM-Systems eine umfassende Schulung erfolgt ist. Diese erforderliche Schulung kann beispielsweise mit dem rtCGM-Schulungsprogramm SPECTRUM durchgeführt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keine Erstattung dieser Schulungskosten.Es finden jedoch bereits Gespräche und Beratungen, u. a. mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), statt.

Die Entscheidung über die Kostenübernahme, obliegt der Krankenkasse. Grundlage ist das Sozialgesetzbuch V (SGB V). Hierfür prüft die Kasse, inwieweit die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden. Da ohne eine medizinische Einschätzung keine abschließende Entscheidung getroffen werden kann, beauftragt die Krankenkasse den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit einer entsprechenden sozialmedizinischen Begutachtung.

Weil aktuell ein elektronisches Verfahren noch nicht umgesetzt werden kann, gibt es eine Übergangslösung, die sich wie folgt darstellt: Seit 1. Januar 2017 senden Ärzte versichertenbezogene Daten, die von Krankenkassen zur Begutachtung angefordert werden, wie im nachfolgend beschriebenen Ablaufschema, direkt an den MDK.

Weitere Informationen gibt es bei der KBV (Zugriff 17. März 2017).

Ablaufschema zur Beantragung von Hilfsmitteln seit dem 1. Januar 2017

  • Der Patient entscheidet sich gemeinsam mit seinem Diabetologen für eine Insulinpumpe bzw. für ein rtCGM System.
  • Der Arzt stellt eine kassenärztliche Verordnung aus. Diese geht nach Zustimmung des Patienten an einen bestimmten Leistungserbringer, der die Versorgung vornehmen kann.
  • Der Leistungserbringer erstellt einen Kostenvoranschlag, den er zusammen mit der Verordnung der zuständigen Krankenkasse übermittelt.
  • In den meisten Fällen ist sicherlich eine persönliche Stellungnahme des Patienten an seine Krankenkasse sinnvoll.
  • Entscheidung der Krankenkasse inwieweit der MDK zur Entscheidungsfindung benötigt wird.
  • Ohne Einschaltung des MDK sollte der Vorgang auf Grundlage des Patientenrechtegesetzes (PRG) innerhalb von 3 Wochen entschieden sein.
  • Mit MDK verlängert sich die Frist um weitere 2 Wochen auf insgesamt 5 Wochen.
  • Mit Einbindung des MDK beginnt nun das MiMa Verfahren. Die Krankenkasse schickt dem Verordner das Muster 86 mit einer Registernummer und einen Freiumschlag mit der Anschrift des zuständigen MDK. Dorthin übermittelt der Arzt die angeforderten ärztlichen Unterlagen und Befunde.
  • Die Übermittlung der notwendigen Blutzucker Tagebücher/Stoffwechseldokumentation des Patienten an den MDK ist ebenfalls sicherzustellen.
  • Es erfolgt eine Begutachtung durch den MDK mit einer sozialmedizinischen Empfehlung.
  • Die Krankenkasse erhält ein datenschutzrechtlich gekürztes Gutachten mit dem Ergebnis der Begutachtung ohne medizinischen Sachverhalt. Das ausführliche Gutachten können Patient und/oder Arzt anfordern.
  • Nun entscheidet die Krankenkasse entsprechend oder entgegen der MDK Empfehlung.
  • Der Patient erhält eine Genehmigung des beantragten Hilfsmittels oder eine begründete Ablehnung.

Den vollständigen Beitrag aus der Zeitschrift Diabetes-Congress-Report finden Sie hier.

Quelle: Andreas Karch, Diabetestechnologie im Spannungsfeld von Kostenerstattung und Optionen, Diabetes-Congress-Report, 2017; 17 (2) Seite 06-08