Dr. Peter Loeff ist Chefarzt des Diabeteszentrums im St. Hildegardis Krankenhaus Köln. Gemeinsam mit Kollegen aus anderen Krankenhäusern und einem MVZ hat er das Rheinische Diabeteszentrum gegründet, das die Versorgung von Menschen mit Diabetes über die Grenzen einzelner Häuser hinaus bietet.
Häufig müssen die Patienten zu vielen Experten, um bestmöglich behandelt zu werden. Im Rheinischen Diabeteszentrum kommen die Experten zum Patienten. So lässt der Kerngedanke des in Köln und Umgebung neu gegründeten Zentrums für die Versorgung von Menschen mit Diabetes auf den Punkt bringen. Im Rheinischen Diabeteszentrum haben sich die diabetologischen Fachabteilungen von drei Krankenhäusern (St. Hildegardis Krankenhaus Köln, St. Antonius Krankenhaus Köln und Maria-Hilf-Krankenhaus Bergheim) sowie das Medizinische Versorgungszentrum Severinsklösterchen zusammengeschlossen, um gemeinsam neue Wege in der Diabetesbehandlung zu gehen.
Drei Fachabteilungen und ein MVZ gemeinsam für Menschen mit Diabetes
Die drei beteiligten Krankenhäuser verfügen über etablierte Fachabteilungen für Diabetologie, über diverse Zertifizierungen der Deutschen Diabetesgesellschaft und arbeiten so, wie es in modernen diabetologische Kliniken Standard ist. Neben Fachärzten für Diabetologie und Innere Medizin gehören speziell ausgebildete Pflegefachleute, Diabetesberaterinnen und weitere Fachkräfte wie Wundmanager oder Ernährungsberater zu den Teams. Von der Erstdiagnose und der Therapieeinstellung über die Begleitung bei Komplikationen bis zur Behandlung bei komplizierten Verläufen bieten die drei am Rheinischen Diabeteszentrum beteiligten diabetologischen Kliniken das gesamte Spektrum der stationären Versorgung von Menschen mit Diabetes Typ 1 und 2 sowie mit Gestationsdiabetes. Ambulante Ermächtigungen, beispielsweise für die Behandlung des Diabetischen Fußsyndroms, ergänzen das Leistungsspektrum.
Sind die Abteilungen einzeln bereits leistungsfähige Versorger für Menschen mit Diabetes, können sie diese Versorgung durch eine enge Zusammenarbeit noch weiter optimieren. So entstand die Idee zum Rheinischen Diabeteszentrum, das im Dezember 2022 seine Arbeit aufgenommen hat.
Diabetologische Schwerpunkte unter einem virtuellen Dach
Jeder Diabetologe hat seine Schwerpunkte und Gebiete, in denen er besonders erfahren ist. Diese Kompetenzen bündeln wir hausübergreifend. Damit wird die Expertise in jedem beteiligten Haus erhöht und der Patient kann von einem großen Experten-Team profitieren, ohne von Arzt zu Arzt gehen zu müssen. Im St. Antonius Krankenhaus in Köln-Bayenthal ist mit dem Kardio-Diabetes-Zentrum seit vielen Jahren die integrierte Versorgung von Patienten mit Diabetes und kardiologischen oder kardiovaskulären Folge- und Begleiterkrankungen ein etablierter Schwerpunkt. Das Maria-Hilf-Krankenhaus in Bergheim verfügt über eine besonders hohe Expertise in der Behandlung von Menschen mit Diabetes vor und nach bariatrischen Operationen sowie in der Therapie von Diabetikern mit nichtalkoholischer Fettleber-Hepatitis. Im St. Hildegardis Krankenhaus liegt ein Schwerpunkt in der Behandlung des Diabetischen Fußsyndroms mit Spezialsprechstunden, Diabetischer Fußambulanz und Zertifizierung als ambulante und stationäre Fußbehandlungseinrichtung (DDG). Diese Spezialisierungen werden im Rheinischen Diabeteszentrum nun vernetzt: Der Patient hat ein Behandlungsteam aus verschiedenen Spezialisten, die er nicht einzeln aufsuchen muss, sondern die im Hintergrund zusammenarbeiten. Die Beteiligung des MVZ Severinsklösterchen mit einem Experten für interventionelle Radiologie rundet das Leistungsspektrum des Rheinischen Diabeteszentrums ab: Sind diagnostische oder therapeutische Gefäßinterventionen notwendig, ist der entsprechende Partner als Teil des Zentrums schnell und unkompliziert verfügbar. Für den Patienten entfallen Wartezeiten und Organisationsaufwand.
Durch die Bündelung dieser Kompetenzen, die Zusammenführung von Spezialisierungen und den regelmäßig etablierten fachlichen Austausch bieten wir vor allem für die Menschen, die als "komplexer Fall" zählen, eine optimale Behandlung. Menschen mit mehreren Folge- und Begleiterkrankungen und komplizierten Verläufen profitieren ganz besonders von der Kompetenzbündelung innerhalb des Rheinischen Diabeteszentrums.
Herzstück der Vernetzung: Digitales Diabetesboard
Die fachliche Zusammenarbeit der Diabetologie-Teams der beteiligten Kliniken ist ein zentraler Baustein des Rheinischen Diabeteszentrums. Durch die enge Vernetzung ist schnell ein kollegialer Austausch möglich, Konsile können zeitnah und unkompliziert organisiert werden. Neben fall- und situationsbezogener Zusammenarbeit haben wir eine regelmäßig stattfindende Fallkonferenz etabliert: Einmal wöchentlich treffen die am Rheinischen Diabeteszentrum beteiligten Ärzte sich zum neu gegründeten Diabetesboard. Dieses findet virtuell statt, so dass für kein Teammitglied Anfahrtswege entstehen. Was in der Behandlung von Krebserkrankungen schon lange ein Erfolgskonzept ist, übernehmen wir mit dem Diabetesboard für die Diabetologie: Komplexe Fälle werden hier gemeinsam besprochen und die Meinung von Kollegen – besonders in ihren Spezialgebieten – eingeholt. Nicht ein Mediziner legt den Behandlungsplan fest, sondern ein ganzes Expertengremium. Mit einem Blick über den sprichwörtlichen Tellerrand ermöglichen wir uns so gegenseitig die Abwägung von Therapieoptionen, geben uns Anregungen oder gegenseitig die Bestätigung, die richtige Therapieentscheidung getroffen zu haben. Der Benefit für den einzelnen Patienten liegt auf der Hand: Statt einer Einzelmeinung bekommt er das Ergebnis einer fachlichen Diskussion verschiedener Experten, die kollegial miteinander arbeiten und gemeinsam die beste Therapieoption festlegen. Und dafür muss der Patient das Krankenhaus nicht verlassen, keine Doppeluntersuchungen auf sich nehmen oder sich bei verschiedenen Einrichtungen vorstellen. Stattdessen kommt das gesamte Team des "RDZ" zu ihm – auch, wenn er die einzelnen Ärzte vielleicht gar nicht unbedingt zu Gesicht bekommt.
Diabeteskompetenz für Fachleute, Betroffene und Angehörige
Neben der vernetzten medizinischen Versorgung und dem Angebot einer wohnortnahen Versorgung durch regionale Experten haben wir uns intensive Informationsarbeit auf die Fahnen geschrieben. Das Rheinische Diabeteszentrum bietet auf seinem Internetportal (www.rheinisches-diabeteszentrum.de) vielfältige Informationen rund um die Diagnose Diabetes und das Leben mit der Erkrankung. Erklärungen zu Folgeerkrankungen, Alltagstipps zu Ernährung, Glukosemessung und weiteren Themen und Informationen für Angehörige zum berüchtigten Diabetes "Typ F" sind hier zusammengestellt. Dabei haben wir besonderes Augenmerk auf die Relevanz der Themen für Betroffene und Angehörige sowie auf eine möglichst einfache und laienverständliche Darstellung gelegt. Neben diesem Online-Angebot richten wir uns mit regelmäßigen Veranstaltungen an verschiedene Zielgruppen. Patienten und Angehörige können sechsmal im Jahr Expertenvorträge hören. Unter dem Titel "Diabetes und…" werden hier Therapieoptionen, Innovationen und Forschungsergebnisse sowie alltagstaugliche Empfehlungen vermittelt. Auch bei diesen Veranstaltungen legen wir großen Wert auf die gut verständliche Aufbereitung der Inhalte für Nicht-Mediziner. Die Veranstaltungen bieten wir – ganz im Sinne des "Geistes" unseres virtuell vernetzten Zentrums – auch digital an und stellen im Anschluss einen Mitschnitt der Veranstaltung dauerhaft online zur Verfügung.
Auch für Mediziner bietet das Rheinische Diabeteszentrum regelmäßige Veranstaltungen. Neben Fachfortbildungen haben wir mit dem "Rheinischen Diabetesdialog" ein Veranstaltungsformat ins Leben gerufen, bei dem – ebenfalls im Sinne unserer Zentrumsidee – neben Fachinformationen vor allem Austausch und Vernetzung im Vordergrund stehen. Mit Diskussionsrunden, "Lounge Talks" und Teilnehmern aus Politik und Gesellschaft möchten wir dazu beitragen, die Diskussion und den Austausch rund um das Thema Diabetes nicht nur fest zu etablieren, sondern auch über institutionelle Grenzen hinweg zu beleben. Der Rheinische Diabetesdialog findet zweimal jährlich statt, die erste Veranstaltung ist für Mai geplant.
Nur ein weiteres Zentrum?
Vernetzung, Austausch, kollegiale Zusammenarbeit – alles keine neuen Erfindungen und in der Medizin an vielen Stellen und Orten bereits ein fester Bestandteil des Alltags in Klinik und Praxis. Auch der Zusammenschluss mehrerer Abteilungen, Krankenhäuser oder stationärer und ambulanter Versorger ist zunächst einmal nichts wirklich Neues. Ist das Rheinische Diabeteszentrum also einfach nur ein weiteres Zentrum im Dschungel der vielen teils zertifizierten, teils institutionell verankerten, teils Haus-, Träger- oder Sektorenübergreifenden Zentren? Wir möchten die Versorgung von Menschen mit Diabetes neu denken – zum einem mit der Kompetenzbündelung mehrerer Krankenhäuser mit diabetologischen Fachabteilungen, zum anderen mit modernen Methoden der Zusammenarbeit und großer Patientenorientierung. Von diesem Ansatz profitieren alle Beteiligten – sowohl wir als Behandler als auch die Betroffenen selbst.
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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2023; 35 (4) Seite 38-40