Diabetes mellitus und das damit verbundene Risiko für Herz-Kreislauf- und Gefäß-Erkrankungen sowie Herzschwäche ist hinlänglich bekannt [Schütt 2022]. Nicht ohne Grund heißt das Leitbild der Diabetologie im Herz- und Diabeteszentrum NRW "Mit Diabetes leben ohne Gefäßkomplikationen" – und auch die Stiftung DHD (Der herzkranke Diabetiker) verfolgt seit über zwei Jahrzehnten das Ziel, auf die kardiale und vaskuläre Gefährdung bei Diabetes aufmerksam zu machen.
Mehr Daten zu tachykarden als zu bradykarden Rhythmusstörungen
Zudem konnte die enge Verknüpfung zwischen metabolischen Störungen wie Diabetes und zumeist tachykarden Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern und ventrikulärer Tachykardie nachgewiesen werden [Weidner 2018]. Dennoch gab es bisher nur wenige Daten, die den Zusammenhang zwischen bradykarden Herzrhythmusstörungen und Diabetes untersucht haben. Obwohl der plötzliche Herztod als führende Todesursache insbesondere bei jungen Patienten mit Diabetes galt [Lynge 2020], wurden bisher nur wenige Arbeiten veröffentlicht, die den Zusammenhang zwischen Diabetes mellitus und einem atrioventrikulären Block III. Grades (AV-Block III°) untersucht haben und bisweilen teilweise unbeachtet geblieben sind [Movahed 2005, Rautio 2020].
Diabetes unabhängiger Prädiktor von AV-Block III°
Nun konnten kürzlich veröffentlichte Daten aus einer dänischen Registerstudie mit über 130 000 Patientendaten den Nachweis erbringen, dass Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 (DM2) ein 63 % höheres Risiko haben, einen AV-Block III° zu entwickeln [Haxha 2023]. Dafür wurden knapp 25 995 Patienten mit AV-Block mit einer nach Geschlecht und Alter adjustierten Kontrollgruppe aus 130 004 Patienten (1 : 5-Matching) verglichen. Dabei konnte der Diabetes in der Regressionsanalyse (proportional Cox hazard model) stets als unabhängiger Prädiktor eines AV-Blocks III° identifiziert werden, wobei weitere Komorbiditäten wie arterielle Hypertonie, Vorhofflimmern, koronare Herzkrankheit und Herzinsuffizienz ebenfalls in die multivariaten Analysen sowie Subgruppenanalysen mit eingeflossen sind. Die genannten Komorbiditäten konnten ebenso als Prädiktoren für das Auftreten eines AV-Blocks III° identifiziert werden, was die enge Verflechtung metabolischer Komponenten mit kardialen Erkrankungen unterstreicht.
Mehrere Faktoren begünstigen elektrische Instabilität
Die genauen pathophysiologischen Mechanismen sind nicht gänzlich geklärt. Allerdings spielen Entzündungsreaktionen und oxidativer Stress eine wichtige Rolle, da sie zu strukturellen, elektromechanischen sowie autonomen Veränderungen führen können [Wang 2019]. Auch Elektrolytstörungen mit Hypo- und Hyperkaliämien im Rahmen eines Diabetes, die zu T-Wellen-Veränderungen und QT-Zeit-Verlängerungen in der elektrischen Leitung des Herzens führen können, werden als kausale Faktoren vermutet [Yang 2017]. Daneben stellen die autonome Neuropathie mit Störungen des vegetativen Systems sowie des kardialen Reizleitungssystems, stille kardiale Ischämien sowie die diabetische Kardiomyopathie, die eine elektrische Instabilität begünstigen können, weitere mögliche Ursachen einer AV-Blockierung dar (siehe Abb).
Regelmäßige Untersuchungen für Ausschluss maligner Störungen
Mit der dänischen Studie gewinnt die Evidenz, die die enge Verbindung diabetischer Stoffwechselstörungen und kardialer Erkrankungen untermauert, beachtlich dazu. So konnte dargelegt werden, dass der Diabetes unabhängig von anderen kardiovaskulären Risikofaktoren eine übergeordnete Rolle beim Entstehen von AV-Blöcken und weiteren Herzrhythmusstörungen spielt. Damit könnten zumindest teilweise die Ursachen für das gehäufte Auftreten plötzlicher Herztode erklärt werden.
Daher ist es umso wichtiger, bei Patienten mit Diabetes mellitus regelmäßige kardiale Untersuchungen einschließlich transthorakaler Echokardiographie sowie Elektrokardiographie anzustreben, um so möglicherweise maligne Herzrhythmusstörungen frühzeitig erkennen zu können, plötzliche Herztode zu verhindern und die Patientenversorgung weiter zu verbessern.
Drei Programm-Module stehen zur Verfügung:
- Clinician Scientist für Ärztinnen und Ärzte zu Beginn ihrer wissenschaftlichen Laufbahn
- Female Clinician Scientist, das explizit zur Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses im Fachbereich Medizin dient
- Advanced Clinician Scientist für fortgeschrittene Ärztinnen und Ärzte zum Ermöglichen der Habilitation und Vertiefen ihrer Forschungsansätze.
Erschienen in: Diabetes, Stoffwechsel und Herz, 2023; 32 (2) Seite 92-94