Der Diabetes bestimmt den Alltag der Betroffenen – aber auch den ihrer Familienmitglieder. Jeder dritte Angehörige fühlt sich in seiner Lebensqualität ebenfalls eingeschränkt. Noch belastender wird die Situation, wenn der Erkrankte aufgrund des Diabetes Depressionen, Ess- oder Angststörungen entwickelt. Diese psychischen Erkrankungen treten bei Diabetes-Patienten häufiger auf als bei gesunden Menschen. Wie Angehörige lernen können, die Herausforderungen zu bewältigen, erklärt der Diplom-Psychologe Dr. Berthold Maier vom Diabetes Zentrum Bad Mergentheim im Experten-Chat von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.

Eine Diabetes-Erkrankung verändert das Leben des Betroffenen sowie seiner Liebsten schlagartig: Menschen mit Diabetes Typ 1 müssen regelmäßig den Blutzucker kontrollieren, Insulin injizieren und den Kohlenhydratgehalt ihrer Mahlzeiten berechnen. Bei Diabetes Typ 2 steht die Medikamenteneinnahme kombiniert mit Therapie-begleitenden Maßnahmen wie Sport und gegebenenfalls eine Ernährungsumstellung im Vordergrund.

„Oft kommen dabei die Bedürfnisse der anderen Familienmitglieder zu kurz: Je nach Lebenslage muss der Lebenspartner wechselhafte Gemütszustände ertragen, Eltern sind mit der Verantwortung häufig überfordert und Geschwister fühlen sich vernachlässigt“, erklärt Diplom-Psychologe Dr. Berthold Maier.

Negativer EInfluss auf emotionales Wohlbefinden

Nahezu die Hälfte der befragten Diabetes-Patienten beschreiben einen negativen Einfluss der Erkrankung auf ihr emotionales Wohlbefinden. Das zeigt die sogenannte DAWN2-Studie. Für die schlechte Bewertung sorgt nicht nur der Diabetes selbst. Folgeerkrankungen oder die Angst davor und die dadurch entstehenden persönlichen und sozialen Einschränkungen tragen zu diesem Bild bei.

„Da ist es natürlich nicht verwunderlich, wenn die Lebenspartner ebenfalls unter dieser Stimmungslage leiden“, betont der Psychologe. Besonders besorgniserregend sei, dass die Studie bei 14 Prozent der Betroffenen Anzeichen von Depression feststellte, führt Maier aus. Menschen mit normaler Stoffwechsellage sind mit fünf bis acht Prozent deutlich weniger betroffen.

Ängsten, Überforderung und Depressionen

„Der Teufelskreis aus Ängsten, Überforderung und Depressionen geht an einer Beziehung nicht spurlos vorbei“, betont Maier. Ein großer Teil der Angehörigen wünscht sich daher, stärker in die Diabetes-Therapie eingebunden zu werden. „Insbesondere Schulungskurse sollten diesen Aspekt künftig mehr berücksichtigen“, fordert Maier. Die psychologische Betreuung – auch der Angehörigen – spiele hierbei eine herausragende Rolle.

Die Probleme von Angehörigen und Partnern spielen auch in der Selbsthilfe eine große Rolle. „Der Austausch mit anderen Angehörigen gibt Kraft und fängt viel Leid auf“, betont Jan Twachtmann, Vorstandsvorsitzender der Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M).

Tipps und Empfehlungen bei ersten Anzeichen einer Depression und Ratschläge für Angehörige können Sie hier nachlesen.


Quelle: diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe