Die Entwicklung von Closed-Loop-Systemen hat rasante Fortschritte gemacht. Dr. Eric Risch berichtet von der Pressekonferenz des „Diabetes Kongresses“ in Hamburg.

Rund 300 000 Menschen in Deutschland sind an Typ-1-Diabetes erkrankt. Die Betroffenen müssen mehrmals täglich ihren Blutzucker messen und ihre Insulintherapie an die aktuellen Werte anpassen. Das Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT in Hannover testet gegenwärtig gemeinsam mit internationalen Forscherteams ein Hybrid-Closed-Loop-Gerät an Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes, dessen Wirkungsweise einer künstlichen Bauchspeicheldrüse entspricht, indem es Messungen und notwendige Insulingaben weitestgehend automatisch steuert.

Prof. Olga Kordonouri erläuterte den aktuellen Stand der Entwicklung auf der Kongress-Pressekonferenz im Rahmen der 52. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Hamburg. Kordonouri ging auch detailliert auf den Stellenwert der Schulung bei Closed-Loop-Systemen ein.

Die Entwicklung von Closed-Loop-Systemen hat in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht

Ein Closed-Loop-System (englisch: geschlossener Kreis) vernetzt eine Insulinpumpe mit einem Sensor zur kontinuierlichen Glukosemessung im Unterhautfettgewebe, einem Blutzuckermessgerät zur Kalibrierung des Sensors sowie einem Computerprogramm, das die automatische Steuerung der Insulinpumpe übernimmt. Alle Geräte kommunizieren drahtlos miteinander. Die Entwicklung von Closed-Loop-Systemen hat in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht.

"Das Hybrid-Closed-Loop-System, welches wir gemeinsam mit internationalen Forscherteams testen, wurde nun in den USA behördlich zugelassen. Das System dosiert und gibt Insulin automatisiert ab", erklärte Kordonouri in Hamburg. Allerdings erfordere es vom Nutzer zu den Mahlzeiten eine manuelle Eingabe des Insulinbedarfs. Die Alltagsanwendung bei jugendlichen und erwachsenen Menschen mit Typ-1-Diabetes habe sich im Rahmen einer klinischen Studie bewährt:

"Die Stoffwechsellage der Probanden verbesserte sich signifikant, gleichzeitig sank bei ihnen auch deutlich die Gefahr einer Unterzuckerung", erläuterte die Hannoversche Chefärztin. Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung sei jedoch eine umfassende Schulung der Patienten im Umgang mit der neuen Technologie.

"Die neuen Technologien erfordern zum Teil auch ein verändertes Verhalten"

Nach den wesentlichen Schulungsinhalten gefragt, antwortete Kordonouri auf der Kongress-Pressekonferenz: "Grundvoraussetzungen für das korrekte Funktionieren eines Closed-Loop-Systems bleiben die Sicherstellung der Sensorgenauigkeit durch regelmäßige Kalibrierung, die Sicherstellung der Insulinzufuhr durch korrekte Katheterlage an dafür geeigneten Positionen, die Sicherstellung der Pumpenfunktion sowie das korrekte Befüllen mit Insulin." Das müsse unbedingt gewährleistet sein.

Selbstverständlich gehöre auch die grundlegende, umfassende Schulung des Patienten im Umgang mit seinem Diabetes dazu. Zudem müsse der Patient in der Lage sein, bei hohen oder niedrigen Werten geeignete Maßnahmen zur Therapie ergreifen können. "Die neuen Technologien erfordern zum Teil auch ein verändertes Verhalten. So darf der Patient bei abgeschalteter Insulinzufuhr zur Vermeidung einer Hypoglykämie nicht gleichzeitig Traubenzucker zu sich nehmen", betonte Kordonouri und fügte abschließend hinzu: "Auch in Zukunft kann auf eine qualifizierte Schulung der Patienten nicht verzichtet werden."

In Deutschland werden Closed-Loop-Systeme voraussichtlich ab 2018 bei Patienten mit Typ-1-Diabetes zur Anwendung kommen.



Autor: Dr. Eric Risch
Pressebeauftragter des Verbands der Diabetesberatungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD)

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2017; 29 (7/8) Seite 46-47