Im Juni hat sich ein neuer Diabetes-Dachverband gegründet: Deutsche Diabetes Föderation (DDF). Die Diabetesversorgung soll dadurch gesichert, die Qualität verbessert und die Prävention vorangetrieben werden. Wir haben mit Vorstandsmitglied Elke Brückel gesprochen.

Diabetes-Forum (DF): Frau Brückel, Sie sind seit 1985 in der Selbsthilfe unterwegs. Sie waren Landesvorsitzende des Deutschen Diabetiker Bundes, Landesverband Baden-Württemberg e.V., der seit 2016 Diabetiker Baden-Württemberg e.V. heißt. Hier sind Sie stellvertretende Vorsitzende und nun im Vorstand der Deutschen Diabetes Föderation (DDF), die sich gerade als Dachverband gegründet hat. Wie ist es zu alldem gekommen?

Elke Brückel: In der Verbandslandschaft der Diabetiker-Selbsthilfe hat es ja in den vergangenen Jahren einige Umstrukturierungen gegeben. Ich möchte jetzt auch ungern auf die Details eingehen, die Vergangenheit sollte ruhen. Ich blicke bewusst in die Zukunft, die die Selbsthilfe voranbringen soll. Die Selbsthilfe hat sich verändert: durch das Internet, durch die sozialen Medien etc. Allerdings ist es für Betroffene schwer zu unterscheiden, welches Wissen evidenzbasiert ist. Auch hier sind wir als „Coaches“ gefragt. Trotz moderner Medien sind der persönliche Austausch und die persönliche Ansprache unersetzbar. Außerdem ist die Vertretung der Interessen von Diabetikern auf politischer Ebene wichtiger denn je.

DF: Und was motiviert Sie in diesem Zusammenhang ganz besonders?

Elke Brückel: Durch das jahrzehntelange Engagement direkt an der Basis der Selbsthilfe erfahre ich sehr viel über die Probleme der Menschen mit Diabetes. Es gibt keine andere chronische Erkrankung, bei der ich als Betroffener den Verlauf der Erkrankung so sehr mitbestimmen kann. Entscheidend dafür ist allerdings ein fundiertes Wissen um die Erkrankung. Dieses Wissen ist leider bei dem größten Teil der Typ-2-Diabetiker nicht vorhanden, wenn sie nicht geschult sind.

DF: Und hier kommen Sie ins Spiel?

Elke Brückel: Genau. Zum einen setzen wir uns für den gesetzlichen Anspruch auf strukturierte Schulung ein, zum anderen bieten wir den Betroffenen durch die erfolgreiche Zusammenarbeit mit zahlreichen Experten aus der DDG und dem VDBD die Möglichkeit, sich bei uns über den Arztbesuch hinaus zu informieren. Hierzu bieten wir die Expertenhotline, sowie Informationsabende in über 150 Selbsthilfegruppen in BW und in unserer Geschäftsstelle an. Die jeweiligen Referentinnen/Referenten stehen dabei fachkundig und geduldig Rede und Antwort.

DF: Das kommt gut an?

Elke Brückel: Ja, sehr. Wir legen ganz besonderen Wert darauf, nicht mit erhobenem Zeigefinger zu arbeiten. Das Schöne ist, dass die Leute freiwillig kommen und dadurch auch motiviert sind, etwas zu lernen. Man kann nur denen helfen, die es auch wollen! Und das Schönste ist, wenn sie unsere Angebote annehmen und verstehen, ihre Diabetestherapie aktiv mitgestalten und mit guten Werten belohnt werden.

DF: Ist es nicht besonders ärgerlich, dass die Diabetiker Baden-Württemberg nur rund 5.500 Mitglieder haben, obwohl in Baden-Württemberg nahezu 800.000 Menschen von Diabetes betroffen sind?

Elke Brückel: Das ist in der Tat sehr ärgerlich. Das hat meiner Meinung nach verschiedene Gründe: Nicht jeder Betroffene kennt den DBW, daran müssen wir weiter arbeiten. Leider wird in zu wenigen Arztpraxen, Kliniken, Krankenkassen usw., auf die Mitgliedschaft hingewiesen, das ist sehr schade. Es liegt aber auch daran, dass die Diabeteserkrankung nicht ernst genug genommen und leider auch oft von Ärzten verharmlost wird. Dazu kommt, dass die Menschen sehr genau hinterfragen, was sie für ihren Mitgliedsbeitrag bekommen. Das ist nicht einfach, denn über unsere Exklusivleistungen für Mitglieder hinaus stehen wir allen Betroffenen mit Rat zur Verfügung. Dass unsere politische Schlagkraft mit mehr Mitgliedern größer wäre, steht fest. Bei sehr vielen Betroffenen steht der politische Gedanke allerdings im Hintergrund oder ist überhaupt nicht präsent.

DF: Wo können Sie in diesem Punkt ansetzen?

Elke Brückel: Gerade in der Selbsthilfe müssen sich alle Betroffenen und die Organisationen einig werden, um politisch schlagkräftig zu sein. Persönliche Befindlichkeiten sowie Konkurrenzdenken dürfen in der Selbsthilfe keine Rolle spielen. Bislang besteht hier noch keine Einigkeit, und das war für mich persönlich ein großer Antrieb, warum ich die Deutsche Diabetes Föderation (DDF) mit gegründet habe. Mit diesem Dachverband wollen wir es schaffen, gegenüber der Politik mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen, um die Diabetesversorgung zu sichern, deren Qualität zu erhöhen und die Prävention voran zu treiben. Ich heiße alle willkommen in einer gemeinsamen Zukunft eines offenen und starken Bundesverbandes mit derzeit knapp 20 000 Menschen.

DF: Frau Brückel, eine Frage zum Schluss: Was regt Sie ganz besonders auf?

Elke Brückel: Wenn gesagt wird, dass man ein bisschen Diabetes hat. Schrecklich!

DF: Frau Brückel, wir bedanken uns für das Gespräch!

Deutsche Diabetes Föderation e. V.

Offen für alle, unter dieser Überschrift ist die Deutsche Diabetes Föderation e. V. gestartet. „Die DDF steht allen Menschen mit Diabetes, deren Angehörigen oder interessierten Bürgern durch eine Einzelmitgliedschaft offen. Selbsthilfegruppen, Bezirks- oder Regionalverbände, die sich dem Thema Diabetes in irgendeiner Form widmen, sind ebenfalls als Mitglied oder Kooperationspartner herzlich willkommen. Die DDF wird das Motto des Weltdiabetesverbandes (IDF) ‚Unite for Diabetes‘ leben“, betont Vorstandsmitglied Elke Brückel aus Karlsruhe.


Kontakt:
Deutsche Diabetes Födera­tion DDF
Allee der Kosmonauten 69, 12681 Berlin
Website: www.ddf.de.com
E-Mail: info@ddf.de.com
Tel.: 030/12088170, Fax: 030/12088172

Vorstand:
Dr. Klaus-Dieter Warz, Elke Brückel, Dr. Sven
Becker, Jutta Katgely, Dr. Reiner Korthauer



Das Interview führte Matthias Heinz.

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2016; 28 (9) Seite 24-25