Der Kartoffelchips-Effekt ist bekannt: Will man eine Handvoll Chips essen, isst man häufig die ganze Packung. Warum ist das so? Wissenschaftler sind dieser Frage nun auf den Grund gegangen.

Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg fütterten Ratten mit Chips – und beobachteten den gleichen Effekt wie beim Menschen: ein Fall von „Hedonischer Hyperphagie”, also dem Drang, mehr zu essen, als nötig wär, um den Hunger zu stillen. Fast jeder Mensch hat schon einmal den Drang verspürt, mehr zu essen, als ihm eigentlich gut tut – einfach weil eine Speise gerade so lecker schmeckt. Allerdings gehen Wissenschaftler auch davon aus, dass manche Lebensmittel, wie etwa Snacks oder Schokolade, unabhängig von einer persönlichen Vorliebe eine „Hyperphagie“ auslösen können.

Wie reagieren Ratten?

Was hinter diesem Mechanismus steckt, haben Wissenschaftler an Ratten erforscht. Sie fütterten dafür Laborratten mit dreierlei Kost: Der einen Gruppe von Ratten wurden Kartoffelchips vorgesetzt – und zwar „all you can eat“. Bei einer zweiten Gruppe stand lediglich normales Rattenfutter auf dem Speiseplan. Eine dritte Gruppe erhielt eine Futtermischung, die die gleiche Fett-Kohlenhydrat-Mischung und damit den gleichen Energiegehalt wie die Kartoffelchips hatte, aber eben kein Snack-Food sind. Die Wissenschaftler bedienten sich dann fortschrittlichster Methoden („manganverstärktes MRT“), um einen Blick in das Gehirn der Ratten zu werfen – und Unterschiede zwischen den Gehirnaktivitäten der unterschiedlich ernährten Tiere zu ergründen.

Chips bevorzugt –aber warum?

Zu Beginn der Studie gab es zunächst Anzeichen, dass es der hohe Anteil an Fett und Kohlenhydraten ist, der Ratten – und damit möglicherweise auch den Menschen – so verrückt nach Chips & Co. macht. Das konnten die FAU-Forscher zum Teil entkräften: Wiewohl eine Gruppe von Ratten mit einer Mischung gefüttert wurde, die ähnlich viel Fett und Kohlenhydrate enthielten wie Chips, reagierte das Gehirn der Tiere dennoch deutlich positiver auf die das Snack-Food.

Der Effekt von Kartoffelchips auf die Gehirnaktivitäten könne also nur zum Teil durch die Menge an Fett und Kohlehydraten erklärt werden. Es muss darüber hinaus besondere Eigenschaften von Kartoffelchips geben, die genau sie so attraktiv machen. Beim Beobachten der Gehirnaktivität stießen die Forscher ebenfalls auf eine spannende Erkenntnis: Die höchste Aktivität zeigten die Gehirnareale, die für Belohnung und für Sucht zuständig sind. Aber auch die Regionen, in denen Futteraufnahme, Aktivität und Bewegung geregelt sind, wurden durch Chips überwiegend stärker aktiviert. Interessanterweise war die Aktivierung der Schlafregulationszentren schwächer ausgeprägt.

Warum essen Menschen trotzdem unterschiedliche Mengen Chips?

Die Anfälligkeit für den übermäßigen Genuss von Snack-Food ist allerdings dennoch von Mensch zu Mensch verschieden. Das könne mit unterschiedlichen individuellen Geschmackspräferenzen zu tun haben, so die FAU-Forscher. So könnte etwa das Belohnungssignal bei manchen Menschen nicht stark genug sein, um die persönlichen Vorlieben zu „überstimmen“. Auch gebe es wohl einfach Menschen, bei denen die Willenskraft größer sei als ihr Heißhunger auf Kartoffelchips.

Rosenkohl so attraktiv wie Chips?

Die Forscher arbeiten nun daran, die molekularen Auslöser zu entschlüsseln, die für genau diese Gehirnaktivtäten verantwortlich sind – das Ergebnis könnte helfen, Medikamente oder Nahrungsmittel zu entwickeln, die diese fatale Begehrlichkeit von Snacks und Süßigkeiten blockieren oder zumindest reduzieren. Dazu sollen unter anderem ähnliche Studien am Menschen durchgeführt werden. Allerdings, so die Autoren der Studie, gebe es zum jetzigen Zeitpunkt keinen Hinweis darauf, dass es möglich sein könnte, bestimmte Zutaten zu sehr gesunden, aber mäßig populären Lebensmitteln – wie etwa Rosenkohl – hinzuzufügen, die ihnen dann die Attraktivität von Chips verleihen.


Quelle: Pressemitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg