Das Typ-2-Diabetes-Risiko lässt sich leicht vermindern – vorausgesetzt, Diabetes-Vorstufen werden rechtzeitig erkannt. Doch welche Früherkennungstests sind ausreichend zuverlässig? Eine britische Arbeitsgruppe hat die gängigen Methoden überprüft. Der Langzeitblutzuckerwert HBA1c sowie der Nüchternblutzucker haben sich dabei als nur eingeschränkt geeignete Parameter erwiesen.

Typ-2-Diabetes ist weltweit auf dem Vormarsch. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht derzeit von weltweit 422 Millionen betroffenen Erwachsenen, Tendenz steigend. Die Spätschäden der Erkrankung verursachen immense Kosten für die Gesundheitssysteme der Länder.

Metaanalyse von rund 150 wissenschaftlichen Publikationen

Dabei wäre eine Verhinderung von Folgeerkrankungen einfach – vorausgesetzt, Diabetes-Vorstufen (Prädiabetes) werden rechtzeitig erkannt. Eine Forschergruppe aus London und Oxford hat die Genauigkeit gängiger Früherkennungstests und die Wirksamkeit früher Behandlungsmethoden genauer überprüft und dazu in einer Metaanalyse die Ergebnisse von fast 150 wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Studienergebnissen zusammengefasst.

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Eine Testmethode zur Früherkennung ist nur dann sinnvoll, wenn sie Menschen mit hohem Risiko sicher erkennt (Sensitivität), und zugleich gesunde Menschen zuverlässig als gesund identifiziert (Spezifität). So ist sichergestellt, dass Diabetes-Vorstufen nicht übersehen werden. Zugleich wird die unnötige Behandlung gesunder Menschen vermieden.

Etablierte Kontrollwerte ungenau in der Früherkennung

Die Messung des Nüchtern-Blutzuckerwertes zeigt zwar eine hohe Spezifität: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 94 Prozent werden tatsächlich gesunde Personen als gesund erkannt. Trotzdem ist ihre Sensitivität gering: Nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent deckt die Testmethode ein erhöhtes Risiko auf. Menschen mit Prädiabetes können im Test niedrige Nüchternblutzuckerwerte zeigen und so fälschlicherweise als gesund eingestuft werden.

Die Messung des Langzeitblutzuckerwertes HBA1c überzeugte weder in Hinblick auf Sensitivität (49 Prozent) noch auf Spezifität (79 Prozent) und scheint damit ungeeignet zu sein, Diabetes-Vorstufen zu erkennen. Zur Verlaufskontrolle bei bestehendem langjährigem Typ-2-Diabetes hat die Methode natürlich trotzdem ihren Stellenwert.

Frühzeitige Behandlung eines Prädiabetes ist sinnvoll

Bei Prädiabetes ist die Umstellung auf eine gesunde Lebensweise mit gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung geeignet, das Diabetes-Risiko zu senken. Es sinkt um 36 Prozent im Vergleich zu dem Diabetes-Risiko von Personen, die keine Lebensstiländerung vornehmen. Dies hat die Analyse des Forscherteams bestätigt.

Die frühe Einnahme des blutzuckersenkenden Medikamentes Metformin lässt das Diabetes-Risiko um 26 Prozent sinken. Unklar ist, ob dieser Effekt nach dem Absetzen des Medikamentes anhält.

Nach einem Schwangerschaftsdiabetes haben betroffene Frauen ein siebenfach erhöhtes Risiko, langfristig Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Bei dieser Zielgruppe sollte das Screening besonders engmaschig erfolgen – solange keine neuen Methoden verfügbar sind, werden hierzu weiterhin der Glukosetoleranztest und die Nüchternblutzuckermessung herangezogen werden.

Die Autoren betonen die Bedeutung von effektiven Screening-Methoden. Darüber hinaus appellieren sie an Politik und Gesellschaft, Maßnahmen zur Primärprävention umzusetzen: Gesunde Ernährung muss erschwinglich sein und bereits in Schulprogrammen erlernt werden. Bewegung und sportliche Betätigung aller Bevölkerungsschichten sollte gefördert werden. Dadurch könnte die Ausbreitung von Diabetes eingeschränkt werden.


Quelle: Pressemitteilung des Diabetesinformationsdiensts München