Nach Schätzungen beruhen etwa 70 Prozent aller behandelten Erkrankungen in den Industrienationen auf Lebensstilfaktoren, wie Übergewicht, das aufgrund von falscher Ernährung und mangelnder Bewegung entstanden ist. Ein gesunder Lebensstil sei ein wesentlicher Präventionsfaktor und müsse dringend gesundheitspolitisch verankert werden, fordern Experten. Es gelte nicht nur medizinische, sondern auch gravierende soziale und wirtschaftliche Folgen abzuwenden.

2040 vermutlich mehr als 50 Prozent aller Bundesbürger adipös

Die „Nationale Verzehrstudie“ belegt, dass bereits heute nahezu 70 Prozent der deutschen Männer und über 50 Prozent der Frauen übergewichtig sind, also einen Body Mass Index (BMI) von 25 kg/m² oder darüber aufweisen. Laut Daten des statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2010 liegt die durchschnittliche tägliche Gehstrecke des Bundesbürgers bei 400 Meter pro Tag. Die Folge von Fehlernährung und Bewegungsmangel: Immer mehr Menschen erkranken an Adipositas – und an damit verbundenen Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf- und Krebsleiden. Als adipös gelten Menschen mit einem BMI von 30 kg/m² oder mehr. Aktuelle Hochrechnungen der World Health Organization WHO gehen davon aus, dass 2040 mehr als 50 Prozent aller Bundesbürger adipös sein werden.

„Die Liste der primär lebensstilbedingten Volkserkrankungen führen weiterhin der Diabetes mellitus Typ 2 und die komplexen Folgen des metabolischen Syndroms wie Koronare Herzkrankheit und Schlaganfall an“, erklärt Professor Dr. med. Christian Löser, Chefarzt der Medizinischen Klinik, Rotes Kreuz Krankenhaus Kassel. „Dann folgen aber bereits Karzinome wie Dickdarm-, Prostata- und Brustkrebs, die mit Lebensstilfaktoren wie Übergewicht assoziiert sind.“

Gesunder Lebensstil kann Krankheiten verhindern und spielt auch in der Krebstherapie eine Rolle

Aufgrund der heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse müsse man davon ausgehen, dass gut 70 Prozent aller auftretenden Dickdarmkarzinome durch eine ausgewogene gesunde Ernährung, wie sie beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, und einen aktiven körperlichen Lebensstil vermeidbar wären. „Dickdarmkrebs ist eine typische Wohlstandserkrankung“, betont der Experte. „Durch einen gesunden Lebensstil kann man präventiv viel erreichen.“ Auch in der Tertiärprävention vieler Krebserkrankungen – also bei den Maßnahmen, die man bei einer bereits erfolgten Erkrankung ergreift, um Rezidive zu verhindern – spielt der Lebensstil eine wesentliche Rolle. So konnten große Beobachtungsstudien zeigen, dass beispielsweise das Wiederauftreten von Dickdarmkrebs und Brustkrebs durch ausreichend regelmäßige körperliche Aktivität deutlich reduziert werden könne. „Damit ist körperliche Bewegung und Sport nach unseren heutigen Erkenntnissen so wichtig wie ein Krebsmedikament“, sagt Professor Löser. „Wir wissen heute, dass ein gesunder Lebensstil, der eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung beinhaltet, Krankheiten verhindern kann“, fasst der Experte zusammen.

Erkenntnissen müssen Konsequenzen folgen

Diesen Erkenntnissen müssten dringend auch Konsequenzen folgen. „Unser Gesundheitssystem sollte Adipositas endlich als eigenständige, relevante Erkrankung anerkennen und nachhaltige konservative Therapie- und Präventionskonzepte etablieren“, fordert Professor Löser. Ein gesunder Lebensstil sei schon lange kein rein medizinisches oder gesundheitspolitisches Anliegen mehr, sondern habe gravierende ökonomische und soziologische Implikationen. Auf der MEDICA EDUCATION CONFERENCE 2016 in Düsseldorf diskutiert Professor Löser zusammen mit weiteren Experten darüber, was ein gesunder Lebensstil leisten kann und welche Rolle die Ernährung dabei spielt.

Die Medica Education Conference ist eine interdisziplinäre Fortbildungsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und der Messe Düsseldorf, die unter dem Motto „Wissenschaft trifft Medizintechnik“ vom 14. bis 17. November 2016 in Düsseldorf stattfand.Weitere Informationen finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)