"Lassen Sie uns aufhören, Laborwerte zu behandeln – lassen Sie uns Patienten behandeln!" Das Ziel dabei ist, die durch Diabetes entstehende Lebenszeitverkürzung zu reduzieren. Diesen Appell richtete Prof. Dr. Thomas Forst aus Mainz an rund 120 anwesende Hausärzte.

"Wir kämpfen nicht gegen Blutzucker", stellte er klar, sondern gegen alles, was in der Pathophysiologie des Typ-2-Diabetes relevant ist. Vor allem viszerale Fettzellen stehen im Fokus: "Bei 90 Prozent der Diabetiker ist das das kranke Organ." Betrachtet man nur den Glukosestoffwechsel, könnte, so der Diabetologe sarkastisch, auf dem Grabstein eines Typ-2-Diabetikers stehen: "Er starb mit einem perfekt eingestellten HbA1c". Wenn es schon um die Glukose geht, sollte man statt des HbA1c – "der blödeste Parameter für Glukose" – lieber die Glukosefluktuationen betrachten.

Neue Medikamente zur Diabetestherapie konnten in Studien zeigen, dass sie vorzeitige kardiovaskuläre Todesfälle, Herzinfarkte und Schlaganfälle reduzieren können. Eine dieser Substanzen ist der SGLT-2-Hemmer Empagliflozin (Jardiance®). Die im September 2015 präsentierten Ergebnisse der EMPA-REG-Outcome-Studie im primären Endpunkt begeistern Forst: "Die sind so fantastisch, dass man sie nicht oft genug anschauen kann." Prof. Dr. Peter Baumgart aus Münster sieht auch aus nephrologischer Sicht Vorteile: "Selbst wenn die Nierenfunktion nicht gut ist, haben die Patienten denselben kardiovaskulären Nutzen."

Unverständnis über Nichtberücksichtigung der EMPA-REG-Outcome-Studie

Dass die EMPA-REG-Outcome-Studie nicht im Disease-Management-Programm in der Fassung von 2016 berücksichtigt wurde*, erstaunt Prof. Dr. Sigmund Silber, Kardiologe aus München. Denn das Sozialgesetzbuch V verlangt in §2: "[…] Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen."

Das allerdings ist ein "totaler Widerspruch" zum Wirtschaftlichkeitsgebot in §12, sagte Silber: "Das wurde von denselben Leuten im Bundestag verabschiedet – ich habe immer das Gefühl, die wissen gar nicht, was sie da alles verabschieden." Wenigstens ist die Therapie mit Jardiance® seit dem 1. Januar 2017 ab dem ersten Behandlungsfall als Praxisbesonderheit bei erwachsenen Typ-2-Diabetikern mit kardiovaskulärer Erkrankung anerkannt, zeigte sich Silber zufrieden.

* Anm. d. Red.: Am 20.4.2017 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss den Hinweis auf einen Nutzen für Empagliflozin im DMP Diabetes mellitus Typ 2.



Dr. Katrin Kraatz
Redaktion Diabetes-Forum, Kirchheim-Verlag,
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Erschienen in: Diabetes-Forum, 2017; 29 (5) Seite 56