Die ersten Ergebnisse der vom Nierenexperten Prof. Christian Hugo und seinem Team initiierten klinischen Studie zur verkürzten Gabe von Steroiden nach einer Nierentransplantation zeigen: Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Unterdrückung von Abstoßungsreaktionen des implantierten Organs. Dies sorgt weltweit für große Aufmerksamkeit. Der Leiter des Bereichs Nephrologie der Medizinischen Klinik III am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden wurde kurzfristig eingeladen, die Ergebnisse der Studie auf der Hauptveranstaltung des Jahreskongresses der American Society of Nephrology (ASN) in Chicago vorzustellen.

Eine Woche, statt ein Jahr - Gefahr eines Diabetes fast auf die Hälfte gesenkt

Gleichzeitig erschienen die Studienergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“. Mit der Hilfe von 20 anderen Transplantationszentren in Deutschland konnten die Dresdner Nephrologen belegen, dass die auf eine Woche verkürzte Gabe von Kortikosteroiden nach der Nierentransplantation die Gefahr eines Diabetes als häufige Nebenwirkung der Immunsuppression fast auf die Hälfte senkt, ohne dass sich die Rate an Abstoßungsreaktionen oder anderen Endpunkten erhöht. Standardmäßig erhalten die Patienten diesen Wirkstoff im ersten Jahr durchgehend.

„Wir suchen nach der richtigen Mischung in der Therapie“, umreißt Prof. Christian Hugo das Ziel, das viele Transplantationsexperten umtreibt. Denn nach der Übertragung eines Spenderorgans ist zunächst eine Vierfach-Therapie mit Immunsuppressiva nötig, um die Gefahr zu bannen, dass der Körper dieses fremde Gewebe wieder abstößt. Dank neuer Medikamente haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten die Chancen deutlich erhöht, dass Patienten viele Jahre mit dem Spenderorgan leben können. An einer wichtigen Grundlage hatte Prof. Hugo bereits seit 2001 mitgewirkt. Als Arzt arbeitete er an der ELITE–Symphony Studie mit, an der sich 1.645 Nierentransplantierte aus 15 Ländern beteiligten. Nach wie vor ist dies die größte jemals erfolgte Studie zur Immunsuppression nach Nierentransplantationen. In diesem Rahmen fanden die Ärzte und Wissenschaftler heraus, dass sich Dank der Kombination innovativer Medikamente die Dosis solcher den Organismus stark schädigender Immunsuppressiva senken lässt.

Diabetes verblieb bisher als wichtiger Nachteil im Standardvorgehen

„Mit den Ergebnissen der Studie wurde 2007 ein Standard geschaffen, der bis heute Bestand hat“, sagt der Dresdner Nierenexperte. Und doch gab und gibt es weiteren Forschungsbedarf: Eine Nebenwirkung der Kortikosteroide– das sind Kortison und Kortison-ähnliche Substanzen –, die auch in dem 2007 bestätigten Therapieregime eingesetzt werden, sind erhöhte Blutzuckerwerte. Für die Transplantierten steigt damit das Risiko, eine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) zu entwickeln. Dies wiederum stellt eine Gefahr für das Langzeitüberleben des Patienten und des Spenderorgans dar und verblieb als wichtiger Nachteil der im Rahmen der Symphonystudie etablierten Goldstandardtherapie.

Studie „Harmony“ überzeugt mit ihren Ergebnissen

Im ersten Jahr nach der Transplantation erkranken in Abhängigkeit der Detektionsmethodik zwischen 20 bis 40 Prozent der Patienten an Diabetes. Um diese Rate zu senken, initiierten die Dresdner Nephrologen vor neun Jahren eine neue Studie mit Namen „Harmony“. Mit dem Ziel, das Auftreten des Diabetes im Rahmen einer immunsuppressiven Therapie zu senken, wurde die Gabe von Kortikosteroiden nach Nierentransplantation auf eine Woche verkürzt. An dieser Studie, die in zwei Varianten sowie in die Kontrollgruppe mit der Standardmedikation unterteilt wurde, nahmen insgesamt 615 Patienten aus ganz Deutschland teil – mehr als 60 davon wurden in Dresden transplantiert.

In einem ersten Schritt schlossen die Wissenschaftler lediglich immunologische Niedrigrisikopatienten ein – in der Regel sind dies Personen, die erstmals eine Spenderniere erhielten und keine Immunisierungereignisse gegen „Fremdes“ erhalten haben. Das Ergebnis war überzeugend: Während 20 beziehungsweise 40 Prozent der Patienten, die im ersten Jahr nach der Transplantation durchgehend Kortikosteroide erhielten, in diesem Zeittraum einen Diabetes entwickelten, waren es bei der auf eine Woche reduzierten Gabe lediglich etwas über 10 beziehungsweise 20 Prozent.

„Dass dieses Ergebnis eine so große Resonanz erfährt, macht uns auch deshalb stolz, weil es sich um einen sogenannte ‘Investigator initiated Trial‘, also eine durch Forscher und nicht durch die Industrie initiierte Studie handelt“, sagt Prof. Hugo. Trotz der Anerkennung in der Fachwelt gibt es für die Dresdner Nierenexperten und ihre Partner in anderen deutschen Uniklinika noch viel zu tun. In weiteren Studien sollen nun die Effekte der verkürzten Steroidgabe über einen Dreijahres- sowie einen Fünfjahreszeitraum überprüft werden.


Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden