Das weit verbreitete orale Antidiabetikum Metformin beeinflusst den Stickstoff- und Harnstoffhaushalt in erheblichem Maße. Das berichten Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München gemeinsam mit Kollegen des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) in Düsseldorf im Rahmen einer Kooperation des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

Metformin ist das am längsten und häufigsten verabreichte orale Medikament gegen Typ-2-Diabetes und erhöht die Sensitivität des Körpers gegenüber Insulin. Mehreren Studien zufolge verringert es zudem das Auftreten von Herz-Kreislauf-Komplikationen. Solch eine Beobachtung hat das Team um Dr. Rui Wang-Sattler (Leiterin der Arbeitsgruppe „Metabolism“ in der Abteilung für Molekulare Epidemiologie am Institut für Epidemiologie II des Helmholtz Zentrums München) bereits im vergangenen Jahr veröffentlicht. Das Team hatte berichtet, dass die Aktivierung des Proteinkomplexes AMPK durch Metformin die Blutfettwerte günstig beeinflusst. In der aktuellen Arbeit konnte zudem eine weitere Eigenschaft des Medikaments aufgeklärt werden: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Metformin auch in den Stickstoff- und Harnstoffstoffwechsel des Körpers eingreift“, fasst Erstautor Jonathan Adam zusammen.

Daten aus Bevölkerungsstudie verglichen

Für die Studie hatte Adam gemeinsam mit Dr. Stefan Brandmaier und weiteren Kollegen zunächst die Stoffwechselprofile (353 Stoffwechselprodukte bzw. Metabolite) von Teilnehmern der KORA-Studie untersucht. Besonders im Fokus waren dabei Patienten mit Typ-2-Diabetes. Die Forscher unterteilten die Patienten in solche, die mit Metformin behandelt worden waren (insgesamt 74), und solche ohne Behandlung mit Metformin (115) und suchten nach Unterschieden in der Verteilung der Metabolite im Blut. Die Funde dieser Untersuchung bestätigten sie im weiteren Verlauf in Proben von über 1500 Probanden.

Aminosäure gibt entscheidenden Hinweis

Besonders signifikant waren die durch Metformin bedingten Veränderungen des Citrullinspiegels. Die Aminosäure Citrullin fand sich in Proben von Metformin behandelten Patienten in deutlich geringeren Konzentrationen, als bei unbehandelten Patienten.* Die Forscher gehen davon aus, dass es sich dabei um einen Folgeeffekt der von ihnen beobachteten AMPK-Aktivierung durch Metformin handelt. „Es ist bekannt, dass AMPK über ein weiteres Enzym in den Stickstoffhaushalt hinein wirken kann“, so Studienleiterin Wang-Sattler. „Wir haben nun starke Indizien gefunden, dass Metformin durch diesen Mechanismus höchstwahrscheinlich mit dem Stickstoffhaushalt interagiert.“

Entsprechend vermuten die Wissenschaftler nun, dass sich bei Patienten, die mit Metformin behandelt werden, die zusätzliche Gabe von Citrullin positiv auf das Herzkreislaufsystem auswirken könnte. Zudem wollen sie künftig herausfinden, wie sich Metformin auch auf andere zentrale Stoffwechselwege wie den Citratzyklus auswirkt.


* Weitere Untersuchungen an einem Modellsystem lassen vermuten, dass sich dieser Effekt nicht nur im Blut, sondern auch in Muskeln und Fettgewebe fortsetzt.


Quelle: Pressemitteilung des Helmholtz Zentrum München