Erhöht ein größerer Taillenumfang bei übergewichtigen Kindern oder Jugendlichen - wie bei Erwachsenen - ebenfalls das Risiko für Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Je größer der Taillenumfang eines übergewichtigen Kindes oder Jugendlichen, umso höher ist das Risiko für Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dies gilt vor allem während der Pubertät und stärker für Jungen als für Mädchen. Dr. Susann Blüher vom Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) AdipositasErkrankungen analysierte im Rahmen einer multizentrischen Erhebung die Daten von 1 278 Kindern und Jugendlichen im Alter von 11 bis 18 Jahren. Die Studie wurde kürzlich im renommierten „Journal of Clinical Endocrinology and Metabolsim“ veröffentlicht.

Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen verschiedenen Körpermaßen wie Taillenumfang, Body-Mass-Index oder Taille-Körpergröße-Quotient und dem Risiko für Erkrankungen, die mit starkem Übergewicht einhergehen. Für Kinder und Jugendliche war dieser Zusammenhang bisher noch weitestgehend unklar.

Risiko für Insulinresistenz erhöht

Hauptsächlich für pubertierende Jungen mit erhöhtem Taillenumfang ergab die Studie ein größeres Risiko, bereits erhöhte Leber- und Harnsäurewerte oder ein erniedrigtes „gutes“ HDL-Cholesterin zu haben. Erhöhte Leberwerte weisen z. B. auf eine beginnende Leber-erkrankung hin. Außerdem war ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI), vor allem während der Pubertät, mit einem größeren Risiko für eine Insulinresistenz verbunden, die auf eine sich entwickelnde Störung im Zuckerstoffwechsel hindeutet.

Die Messung des Taille-Körper-größe-Quotienten hatte gegenüber BMI und Taillenumfang keine zusätzliche Aussagekraft über das individuelle Erkrankungsrisiko. Für die standardmäßigen pädiatrischen Untersuchungen empfiehlt Studienleiterin Dr. Blüher deshalb, „den Taillenumfang bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen, vor allem ab dem Pubertätsalter, immer mit zu messen, weil ein erhöhter Umfang bereits in diesem Alter Hinweise auf bestehende Begleiterkrankungen liefern kann.“

Wie bei Erwachsenen ist also auch bei Jugendlichen das bauchbetonte Übergewicht am schädlichsten. Da Jungen und Männer stärker dazu neigen, ist ihr Risiko für Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Arteriosklerose oder eine Fettlebererkrankung mit steigendem Bauchumfang erhöht.

Die Datenquelle

Die Erhebungsdaten der Mädchen und Jungen kamen vom Ulmer APV-Register (Adipositas-prospektive Verlaufskontrolle) geleitet von Prof. Reinhard Holl. Das Register stellt ein Qualitätssicherungsprogramm der zertifizierten Adipositas-Zentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz dar. Es enthält derzeit die Daten von ca. 82 000 übergewichtigen und adipösen Kindern und Jugendlichen aus den drei Ländern.

An der aktuellen Auswertung beteiligten sich neben der Universitätsmedizin Leipzig und dem IFB die Universitätsmedizin Berlin (Charité), die Universitätsklinik Ulm sowie weitere deutsche, österreichische und schweizerische Kliniken.

80 Prozent bleiben auch als Erwachsene dick

In Deutschland sind über 6 Prozent der Kinder und Jugendlichen adipös. Bekannt ist bereits, dass rund 70 Prozent dieser jungen Menschen in körperlichen oder Laboruntersuchungen Risikofaktoren für spätere Herz- und Gefäßerkrankungen aufweisen. Über 30 Prozent leiden schon an einer beginnenden Insulinresistenz, die zu einem Typ-2-Diabetes führen kann.

Da etwa 80 Prozent der übergewichtigen Mädchen und Jungen auch als Erwachsene dick bleiben, ist abzusehen, dass die Zahl Adipositas-bedingter Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Fettleber, Arteriosklerose oder Bluthochdruck weiter ansteigt. Die bereits in der Jugend auftretenden Krankheitszeichen sind also alarmierend und unterstreichen, wie wichtig geeignete Präventions- und Therapie-Programme sind.


Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikums Leipzig