Eine Angehörigenschulung verbessert die Diabetesversorgung, davon zeigt sich der VDBD überzeugt. Der Verband fordert, die von ihm dafür entwickelte Schulung Dialife in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufzunehmen.

Wer neu an Diabetes erkrankt, sollte sich idealerweise umfangreiches Wissen rund um die Stoffwechselerkrankung aneignen. Für ein optimales Selbstmanagement sind daher strukturierte Patientenschulungen Teil der Diabetestherapie. Sie binden aber in der Regel nicht das soziale Umfeld ein. Dabei treffen die psychischen und emotionalen Folgen der Diabeteserkrankung die gesamte Familie. Der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD) hat in einem mehrjährigen, vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projekt das erste auf die Bedürfnisse von erwachsenen Familienangehörigen und Partnern zugeschnittene Schulungsprogramm entwickelt.

Die Angehörigenschulung "Dialife – zusammen leben mit Diabetes" schließt nach Überzeugung des Verbands eine Bedarfslücke in der diabetologischen Versorgungslandschaft. Dies belegte eine clusterrandomisierte, kontrollierte Längsschnittstudie mit 179 Teilnehmern: Geschulte Angehörige verfügen über mehr Diabeteswissen und fühlen sich mental besser als jene ohne Schulung. Der VDBD stellte Details der Studie Anfang März im Rahmen einer Online-Pressekonferenz vor.

Familien tragen emotionale Belastung mit

Viele Menschen mit Diabetes fühlen sich im Laufe ihrer Lebenszeit sehr vom täglich notwendigen Management und möglichen Folgen ihrer Erkrankung belastet. Die internationale Dawn2-Studie mit mehr als 15.000 Teilnehmern in 17 Ländern zeigte zudem, dass psychosoziale und emotionale Belastungen nicht nur von den Betroffenen selbst, sondern auch von deren Familie getragen werden. "Außerdem stellte die Studie fest, dass mit rund 75 Prozent die Mehrheit der Angehörigen von Menschen mit Diabetes mellitus noch nie an einer Schulung teilgenommen hatte", erklärt Dr. Gottlobe Fabisch, Geschäftsführerin des VDBD.

Angehörige von erwachsenen Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes lernen in der Schulung Dialife Grundlagen der Erkrankung und Therapie, den Umgang mit Notfallsituationen, aber auch Bewältigungsstrategien zur besseren sozialen Unterstützung ihres erkrankten Familienmitglieds kennen. "Im Rahmen der bereits durchgeführten Schulungen mit Dialife waren mögliche Entwicklungen einer Demenz oder Depressionen ein sehr ernstes Thema", berichtet die VDBD-Vorsitzende Dr. rer. medic. Nicola Haller aus der Praxis. Bei Angehörigen von Menschen mit Typ-1-Diabetes stand außerdem das korrekte Handeln bei Notfällen im Vordergrund, so Haller: "In kritischen Situationen wie einer Unterzuckerung wissen Angehörige häufig nicht, wie sie sich richtig verhalten sollen, da Diabetesbetroffene mitunter nicht mehr rational handeln und Hilfe abwehren."

Im Mittelpunkt der clusterrandomisierten, kontrollierten Längsschnittstudie zur wissenschaftlichen Evaluation von Dialife stand die Erhebung, ob die Angehörigen nach dem Schulungsprogramm über höheres Wissen rund um Diabetes verfügten als die Kontrollgruppe mit Angehörigen, die keine Schulung erhielt. Dafür beantworteten die Teilnehmenden sowohl vor als auch direkt nach der Schulung mit Dialife und noch einmal sechs beziehungsweise zwölf Monate nach Schulungsende Fragebögen rund um die Erkrankung. "Die geschulten Angehörigen verfügten über größeres Wissen als vorher und waren der Kontrollgruppe eindeutig voraus", erläutert Prof. Dr. habil. Claudia Luck-Sikorski, wissenschaftliche Studienleiterin, und ergänzt: "Außerdem schätzten sie ihre mentale Gesundheit als besser ein.""Wer durch sein soziales Umfeld unterstützt wird, dem gelingt ein besseres Selbstmanagement seiner chronischen Erkrankung. Das wirkt sich auf die Lebensqualität der gesamten Familie aus", ist Fabisch überzeugt. "Daher setzen wir uns dafür ein, Dialife in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufzunehmen!"


Autor:
Marcus Sefrin
Chefredaktion DiabetesNews
Schmiedestraße 54
21335 Lüneburg


Erschienen in: DiabetesNews, 2022; 21 (3) Seite 5