Angst entsteht, wenn auf auslösende Stimuli eine übermäßige Stressreaktion folgt. Das ist ein wichtiger Schutzmechanismus des Körpers, wenn die Reaktion angemessen ist. Erfolgt sie unkontrollierbar und sind Betroffene länger solch extremen Stressreaktionen ausgesetzt, führt dies aber vermutlich zu epigenetischen Veränderungen, die sich ungünstig auf den Körper auswirken. Forscher des Helmholtz Zentrums München und des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie sind dem auf den Grund gegangen, indem sie Daten aus breiten Bevölkerungsgruppen mit denen von Patienten verglichen.

Langfristige Angstsymptome verändern DNA-Methylierung

Den ersten Hinweis lieferte die KORA F4-Studie an 1.522 Erwachsenen im Alter von 32 bis 72 Jahren, die aus Augsburg und den beiden angrenzenden Landkreisen stammen. Die Forscher entnahmen zufällig ausgewählten Personen mit und ohne Angststörung Blutproben, um mehr über die sogenannte DNA-Methylierung zu erfahren. Bei Personen, die unter Angstsymptomen litten, stellten die Wissenschaftler eine Zunahme der DNA-Methylierung des Gens ASB1 um fast 50 Prozent fest. Das ASB1-Gen kann die Bildung von Zellen in verschiedenen Geweben, einschließlich Blut und Gehirn, anstoßen. Das bedeutet, dass dieses Gen nicht nur im Nervensystem, sondern auch im Immunsystem eine wichtige Rolle spielt. Dr. Rebecca Emeny führte diese Studie mit Kollegen im Rahmen der Arbeitsgruppe Mental Health unter der Leitung von Prof. Karl-Heinz Ladwig, Institut für Epidemiologie II (EPI II) im Helmholtz Zentrum München (HMGU), durch.

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Ergebnisse zusätzlich im Tierversuch überprüft

Den zweiten und dritten Teil des Projektes leitete Prof. Elisabeth Binder, Direktorin des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie (MPI). Die populationsbasierten Ergebnisse legten epigenetische Effekte zur Regulierung des stressempfindlichen ASB1-Gens bei schwerer Angst nahe. Den Nachweis erbrachte eine Studie an Patienten mit Angststörungen am MPI Psychiatrie (131 Betroffene, die ohne Medikation waren und 169 Probanden): Auch im klinischen Umfeld zeigte sich die veränderte Regulierung von Stress und Angst durch das ASB1-Gen. Diese Ergebnisse übertrug Elisabeth Binder und ihr Team zurück in ein Tiermodell der Angst. Auch bei Mäusen konnte sie die Bedeutung des ASB1-Gens für die Regulation von Stress und Angst nachweisen.

Dass Stress und Angst mit epigenetischen Veränderungen einhergehen, die nicht nur das Gehirn, sondern auch das Immunsystem beeinflussen, könnte einen wichtigen Ansatzpunkt für die Weiterentwicklung von Diagnose, Therapie und Prävention dieser häufigen psychischen Erkrankung sein. Die Resultate wurden vor Kurzem in der renommierten Zeitschrift „Neuropsychopharmacology“ veröffentlicht. Sowohl das MPI als auch das Helmholtz Zentrum München hat sich dem Ziel verschrieben, durch Grundlagenforschung die Basis für solche Weiterentwicklungen zu liefern.


Quelle: Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie