von Sengbusch S, Eisemann N, Mueller-Godeffroy E, Lange K, Doerdelmann J, Erdem A, Menrath I, Bokelmann J, Krasmann M, Kaczmarczyk P, Bertram B, Hiort O, Katalinic A, Frielitz FS; Lübeck, Deutschland; Pediatr Diabetes. 2020 Dec;21(8):1502-1515.
Einführung: Es wurden die Folgen zusätzlicher monatlicher Video-Konsultationen für Kinder mit Diabetes untersucht.
Methodik: Die virtuelle ambulante Diabetes-Klinik für Kinder und Jugendliche (ViDiKi) stellte eine sechsmonatige multizentrische kontrollierte klinische Studie dar, auf die eine längere Beobachtungsperiode folgte. Die 240 Teilnehmenden (1– 16 Jahre), die alle ein CGM verwendeten, wurden nach Wohnort quasi-randomisiert der Interventionsgruppe (IG) oder der Warte-Kontrollgruppe (WG) zugewiesen. Die IG begann unmittelbar nach Studienstart mit monatlichen Video-Konsultationen als Ergänzung zur regulären Diabetesbetreuung, während die Wartegruppe vor Beginn der Interventionsphase 6 Monate lang wie üblich behandelt wurde. Die Periode der Nachbeobachtung erstreckte sich je nach Einschreibedatum zwischen 12 Monaten und 2 Jahren. Mittels einer linearen Regression wurden das primäre Ergebnis, das HbA1c nach 6 Monaten, und andere metabolische und psychosoziale Ergebnisparameter analysiert.
Ergebnisse: Nach der Adjustierung hinsichtlich verschiedener Kovariablen war das HbA1c nach 6 Monaten – entsprechend der kontrollierten Behandlungsphase – in der IG um 0,11 % niedriger als in der WG (95 % CI −0,31 bis 0,09; p = 0,277). Für die gesamte Stichprobe wurde nach 12 Monaten mit Video-Konsultationen eine signifikante Verbesserung des HbA1c festgestellt, die sich bis zum 15. Monat weiter verstärkte. Die Diabetesbelastung der Eltern und anderen primären Betreuer war in der Interventionsgruppe geringer und ihre Therapiezufriedenheit war signifikant höher als in der Wartegruppe.
Schlussfolgerung: Die ViDiKi-Studie konnte nach 6 Monaten in der kontrollierten Phase keinen signifikanten Unterschied im HbA1c zwischen IG und WG nachweisen, jedoch ergab sich eine reduzierte Diabetesbelastung und eine erhöhte Behandlungszufriedenheit der Eltern. In Längsschnitt konnte nach 12 und nach 15 Monaten eine signifikante Verbesserung des HbA1c festgestellt werden.
Kommentar: Diese Studie zu einer virtuellen pädiatrischen Diabetesbetreuung über große Distanzen in einem Flächenland wurde lange vor der Corona-Pandemie geplant und durchgeführt. Initial war mit der technischen Realisierung, der erforderlichen Datensicherheit und der Information der Familien ein relativ großer Aufwand verbunden. Nach Überwindung dieser Hürden kam es sowohl zu einer deutlichen psychischen und zeitlichen Entlastung der Familien sowie zu einer Verbesserung des HbA1c. In einer anderen Auswertung betonen Eltern und auch Teammitglieder, dass die virtuelle Betreuung eine sehr gute Ergänzung der Versorgung darstellt. Sie kann aber eine regelmäßige persönliche Beratung nicht vollständig ersetzen.
Erschienen in: Diabetes-Congress-Report, 2021; 21 (1) Seite 43-44