Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) begrüßt zwar die die Initiative von Bundesministerin Julia Klöckner, kritisiert jedoch die bisherige Unverbindlichkeit der Grundsatzvereinbarung mit der Industrie: „Freiwillige Maßnahmen greifen zu kurz. Die Nationale Reduktionsstrategie muss für die Industrie verpflichtend sein“, so DDG-Präsident Prof. Dr. med. Dirk Müller-Wieland.

Fertiggerichte sollen künftig schrittweise weniger Fett, Salz und Zucker enthalten. Darauf einigte sich Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) gemeinsam mit mehreren Branchenverbänden. Die Grundsatzvereinbarung überlässt es den Unternehmen jedoch selbst, welche Zielvorgaben sie sich setzen und welche Maßnahmen sie ergreifen, um eine gesunde Ernährung zu fördern. Nach Ansicht der Diabetes-Experten hätte die Grundsatzvereinbarung die Gelegenheit sein können, die Lebensmittelbranche endlich mit konkreten Zielwerten und verbindlichen Maßnahmen in die Pflicht zu nehmen.

DDG kritisiert „Einknicken der Bundesregierung vor der Industrie“

„Wir sind enttäuscht, dass die Bundesregierung vor der Industrie eingeknickt ist und es den Unternehmen weiterhin selbst überlässt, welche Zielvorgaben sie sich setzen“, bemängelt Bitzer, Geschäftsführerin der DDG. Laut der Grundsatzvereinbarung soll auf freiwilliger Basis eine möglichst breite Mitwirkung der Wirtschaftsunternehmen erreicht werden. Die Lebensmittelindustrie soll ab 2019 in einem viel zu langfristigen Prozess bis 2025 den Gehalt an Zucker, Fett und Salz in Fertiggerichten schrittweise senken.

„Mit konkreten, kurzfristig messbaren Reduktionszielen und flankiert von weiteren Maßnahmen wie zum Beispiel einer verständlichen, transparenten Lebensmittelkennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung, einem Verbot für an Kinder gerichtete Werbung für zuckerreiche und hochkalorische Lebensmittel sowie steuerlichen Anreizen für die Industrie zur Umsetzung gesünderer Rezepturen, wäre diese Strategie ein wirklicher Meilenstein gewesen“, so Müller-Wieland.

Internationale Beispiele zeigen Effektivität verpflichtender Maßnahmen

„Während sich freiwillige Vereinbarungen bereits in der Vergangenheit als praktisch wirkungslos erwiesen haben, ist der Effekt verpflichtender Maßnahmen gegen Fehlernährung gut belegt“, sagt Bitzer und führt internationale Beispiele aus Großbritannien, Belgien, Ungarn sowie Berkeley und Philadelphia (USA) an. So senken Steuern auf Softdrinks nachweislich den Absatz der ungesunden Produkte – in Berkeley nach aktuellen Zahlen um 21 Prozent – und führen dazu, dass die Hersteller häufig den Zuckergehalt reduzieren, um die steuerliche Abgabe zu vermeiden wie zuletzt in Großbritannien geschehen.

Die DDG fordert seit mehreren Jahren effektive, verpflichtende Maßnahmen, wie eine verständliche Lebensmittelkennzeichnung, ein Verbot von Kindermarketing für ungesunde Produkte und steuerliche Anreize für gesündere Rezepturen, um die globale Strategie der WHO „Make the healthy choice the easier choice“ bevölkerungsweit auch in Deutschland umzusetzen und somit Übergewicht und den kontinuierlichen Anstieg von Diabetes einzudämmen.

In anderen europäischen Ländern werden die Verbraucher mittlerweile durch staatliche Maßnahmen vor hochkalorischen, ungesunden Produkten geschützt. Deutschland hinkt hingegen – trotz neuer Grundsatzvereinbarung – weiter hinterher. Damit nimmt die Bundesregierung im Interesse der Industrie immer mehr chronisch kranke Patienten in Kauf und auch stetig wachsende Kosten für das Gesundheitssystem.


Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)