Nyberg ST, Fransson EI, Heikkilä K et al.; IPD-Work Consortium; Helsinki, Finnland
Einführung: Die Bedeutung von „Job strain“ (hohe Anforderungen bei geringen Entscheidungsspielräumen am Arbeitsplatz) als Risikofaktor für Typ-2-Diabetes ist bis dato ungeklärt. Die bisherige Evidenz bezieht sich auf kleine Studien und ist häufig mit Lebensstilfaktoren wie Adipositas und körperlicher Inaktivität verknüpft. Diese internationale Studie untersucht, ob dieser spezifische Stress am Arbeitsplatz mit dem Neuauftreten eines Typ-2-Diabetes unabhängig von Lebensstilfaktoren assoziiert ist.
Methodik: Die Autoren extrahierten individuelle Daten von 124 808 Erwachsenen ohne Diabetes, die an insgesamt 13 europäischen Kohortenstudien in Rahmen des IPD-Work Konsortiums teilnahmen. Die Arbeitsbelastung („Job strain“) wurde initial mit Fragebogen erfasst. Das Neuauftreten eines Typ-2-Diabetes bei den Folgeuntersuchungen wurde über Nationale Gesundheitsregister, klinisches Screening und Selbstberichte ermittelt. Für jede der Studien wurde die Cox-Regression zur Datenanalyse eingesetzt. Weiterhin wurden die studienspezifischen Schätzungen in Metaanalysen (fixed effects) zusammengefasst.
Ergebnisse: Es ergaben sich während der durchschnittlich 10,3 Jahre andauernden Folgeuntersuchungen 3 703 Diabetesmanifestationen. Nach Adjustierung hinsichtlich Alter, Geschlecht und sozioökonomischem Status (SES) betrug die Hazard Ratio (HR) für „Job strain“ verglichen mit kein „Job strain“ 1,15 (95 % CI 1,06 – 1,25). Dabei ergaben sich keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen (1,19 [1,06 – 1,34] und 1,13 [1,00 – 1,28]). In stratifizierten Analysen zeigte sich, dass Arbeitsbelastung im Sinne des „Job strain“ mit einem erhöhten Diabetesrisiko sowohl bei Personen mit einem gesunden als auch weniger gesunden Lebensstil assoziiert war. In einer multivariaten Analyse mit Adjustierung hinsichtlich Alter, Geschlecht, SES und Lebensgewohnheiten betrug die HR 1,11 (1,00 – 1,23).
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse dieses großen europaweiten Datensatzes legen nahe, dass eine hoher „Job strain“ unabhängig von Lebensstilfaktoren einen Risikofaktor für Typ-2-Diabetes darstellt.
Kommentar: Wie bereits zuvor (2012) zum erhöhten Risiko für einen Herzinfarkt konnte die Gruppe hier auch eine Assoziation von psychisch belastenden Arbeitsbedingungen und der Inzidenz eines Typ-2-Diabetes belegen. Die Beziehung ist jedoch auch hier insgesamt recht schwach, weil hinsichtlich Lebensstilfaktoren und SES adjustiert wurde. Hohe Anforderungen mit geringen Entscheidungsspielräumen sind in der Regel mit hohem Stress, einem Gefühl der Hilflosigkeit und oft einem erhöhten Kortisolspiegel verbunden. Die erhöhte Diabetesprävalenz in sozioökonomisch benachteiligten Gruppen kann möglicherweise auch über diese Faktoren erklärt werden.

Erschienen in: Diabetes-Congress-Report, 2014; 14 (5) Seite 42-43