Mehr als die Hälfte der Deutschen fühlt sich von der Informationsflut zu Gesundheitsthemen überfordert. Das zeigt eine repräsentative Studie der Universität Bielefeld. Ein „Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ soll dem entgegenwirken. Schirmherr ist Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Doch auch das Arzt- Patienten-Gespräch sei entscheidend, um Patienten über Vorsorge, Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären, betont Gröhe.

Mehr als die Hälfte der Deutschen fühlt sich von der Informationsflut zu Gesundheitsthemen überfordert. Das zeigt eine repräsentative Studie der Universität Bielefeld. Demnach weisen rund 44 Prozent der Deutschen eine eingeschränkte und weitere zehn Prozent sogar eine unzureichende Gesundheitskompetenz auf.

Gesundheitskompetenz unter dem europäischen Durchschnitt

Damit liegt Deutschland nicht nur unter dem europäischen Durchschnitt, es fällt auch deutlich gegenüber vergleichbaren Ländern wie den Niederlanden oder Dänemark ab. Dem wollen die Universität Bielefeld, der AOK-Bundesverband und die Hertie-School of Governance mit einem „Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ entgegenwirken. Schirmherr ist Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.

Internet als Chance und Herausforderung zugleich

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland hat erhebliche Mühe, sich in der ständig anwachsenden Fülle an Gesundheitsinformationen zurechtzufinden und Entscheidungen für die eigene Gesundheit zu treffen. Das muss alle Verantwortlichen im Gesundheitswesen aufrütteln. Der schnelle Zugang zu immer mehr Informationen im Internet ist dabei Chance und Herausforderung zugleich. Denn im Internet lassen sich neueste wissenschaftliche Forschungsergebnisse nicht immer leicht von werblichen Angeboten und interessengeleiteten Empfehlungen unterscheiden.

Arzt-Patienten-Gespräch entscheidend

Nötig sind unabhängige, wissenschaftlich belegte und leicht verständliche Gesundheitsinformationen. Gerade das Arzt- Patienten-Gespräch ist entscheidend, um Patienten die Diagnose und Behandlung verständlich zu erklären. Denn je mehr Patientinnen und Patienten über Vorsorge, Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten wissen, desto besser können sie Krankheiten vorbeugen und in- formierte Entscheidungen treffen, die Therapie und Heilung unterstützen.

Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz

Wir brauchen jetzt eine gemeinsame Kraftanstrengung von Ärzten, Krankenkassen, Apotheken, Pflege-, Verbraucher- und Selbsthilfeverbänden und Behörden, um das Gesundheitswissen in ganz Deutschland zu verbessern. Dazu müssen alle Verantwortlichen im Gesundheitswesen an einen Tisch. Der Nationale Aktionsplan für Gesundheitskompetenz‘, für den ich sehr gerne die Schirmherrschaft übernommen habe, ist dafür ein wichtiger Baustein.“

Finden, Verstehen und Umsetzen von Gesundheitsinformationen

Unter „Gesundheitskompetenz“ verstehen Wissenschaftler das Finden, Verstehen und Umsetzen von Gesundheitsinformationen. Für die erste repräsentative Studie zur Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland hat die Universität Bielefeld 2.000 Menschen über 15 Jahren vom Forschungsinstitut Ipsos befragen lassen. Basis war der international erprobte Fragebogen „Health Literacy Questionaire Europe“.

Defizite bei mehr als jedem Zweiten

Zwei Ergebnisse stechen dabei besonders hervor: Mehr als die Hälfte der Deutschen hat offenbar Schwierigkeiten, gesundheitsrelevante Informationen zu verstehen und zu verarbeiten. Das gilt vor allem für sogenannte vulnerable Gruppen, also Menschen mit Migrationshintergrund, geringem Bildungsgrad oder hohem Lebensalter. Hier sind die Einschränkungen und Unsicherheiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen besonders ausgeprägt.

Auffällig ist auch das schlechte Abschneiden Deutschlands im Vergleich zu anderen europäischen Staaten. In den Niederlanden, Dänemark, Irland oder Polen hat die gleiche Befragung deutlich höhere Kompetenzwerte ergeben. Deutschland schneidet also im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich ab.

Studienleiterin Professorin Dr. Doris Schaeffer von der Universität Bielefeld hält die Ergebnisse für bedenklich: „In den vergangen Jahren wurde einiges angestoßen, um die Gesundheitsinformationen der Bevölkerung zu verbessern. Aber die Ergebnisse zeigen, dass das längst nicht ausreicht. Wir müssen neu über die Art, Aufbereitung und Vermittlung von Informationen nachdenken.“

Abgestimmtes Maßnahmenkonzept erforderlich

Schaeffer kündigte an, gemeinsam mit einer Gruppe von anerkannten Experten in den nächsten zwei Jahren eine umfassende und koordinierte Strategie zur Stärkung der Gesundheitskompetenz auszuarbeiten. „Wir brauchen ein abgestimmtes Maßnahmenkonzept, eben einen Nationalen Aktionsplan, der konkrete Handlungsimpulse setzt und nicht nur das Gesundheitswesen, sondern auch den Bildungssektor und die Forschung erreicht.“


Quelle: Mitteilung der Universität Bielefeld