Weltweit stehen inzwischen rund 400.000 Gesundheits-Apps zur Verfügung. Allein bei den beiden großen App-Stores sind in der Kategorie 'Gesundheit & Fitness' und 'Medizin' mehr als 100.000 digitale Anwendungen gelistet. "Angesichts der 'Flut' solcher Versorgungsprodukte ist eine Systematisierung hinsichtlich des jeweiligen Risikos und dem davon abzuleitenden Regulierungsbedarfs notwendig", fordert Jörn Simon, Leiter der rheinland-pfälzischen Landesvertretung der Techniker Krankenkasse (TK).

"Denn digitale Versorgungsprodukte, wie zum Beispiel Apps für das Smartphone oder Tablet, sind nur bedingt mit klassischen Medizinprodukten vergleichbar. Daher benötigen wir eine Klassifizierung, die es dem Verbraucher ermöglicht, die Vertrauenswürdigkeit einer solchen digitalen Anwendung zuverlässig einzuschätzen", so Simon.

3 Klassen, 3 Abstufungen an Risiken

Das IGES-Institut hat im Auftrag der TK eine mögliche Klassifizierung erarbeitet. Digitale Versorgungsprodukte, die etwa lediglich Informationen zur Verfügung stellen und daher kaum Risiken für den Nutzer bergen, würden demnach der risikoärmsten 'Klasse 1a' zugeordnet. Apps, die Daten sammeln, wie zum Beispiel elektronische Tagebücher, gehörten zu 'Klasse 1b' und müssen nicht zugelassen werden. Wenn Daten hingegen zu Diagnose- oder Therapiezwecken verwendet werden, sind höhere Risiken mit der Nutzung verbunden. Daraus ergäbe sich die Zuordnung in Klasse zwei. Ist sogar vorgesehen, dass die Anwendung ärztliche Leistungen ersetzen soll, würde es der Klasse drei angehören. Für die beiden Klassen zwei und drei ist eine formale Marktzulassung notwendig.

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Bei notwendiger Marktzulassung mit dem Tempo der digitalen Realtität mithalten

Digitale Versorgungsprodukte, wie etwa Apps, müssen nicht den gleichen Kriterien des Medizinproduktegesetzes (MPG) unterliegen, wie sie beispielsweise für Herzschrittmacher gelten. Daher ist es schwierig die Regelungen des MPG auf sie anzuwenden. "Die Zulassungsverfahren sind aufwendig und langwierig und entsprechen nicht dem schnelllebigen Markt digitaler Versorgungsprodukte", betont TK-Landeschef Simon. "Wenn beispielsweise eine Gesundheits-App als Medizinprodukt klassifiziert wird und somit unter die Regularien des MPG fällt, muss der Hersteller fürchten, dass sein Produkt längst durch weitere Innovationen überholt wurde", vergleicht Simon die aktuelle gesetzliche Situation mit der digitalen Realität. Diesem rasanten Tempo muss der Gesetzgeber Rechnung tragen, wenn er in Deutschland ein innovationsfreundliches Klima schaffen möchte.

Befristete Zulassung könnte Deutschland für Start-Up-Unternehmen attraktiv machen

Um folglich den Produkten der beiden höheren Risikoklassen einen schnelleren Zugang zum Gesundheitssystem zu ermöglichen, schlägt die TK als weiteren Schritt das folgende Modell vor: Digitale Versorgungsprodukte der Klassen zwei und drei sollten zunächst eine befristete Zulassung erhalten. Dafür müssen sie nachweisen, dass von ihnen keine grundsätzliche Gefahr für die Nutzer ausgeht und ein Mindestmaß an Wirksamkeit gewährleistet ist. Zudem sind die Anbieter dieser Produkte verpflichtet, in der Phase der befristeten Zulassung den Nutzen nachzuweisen.

Das Ergebnis der begleitenden Evaluation entscheidet später darüber, ob das Produkt weiter zugelassen bleibt oder ob man die Zulassung wieder entzieht. "Auf diese Weise machen wir Deutschland für Start-Up-Unternehmen attraktiv, die ansonsten aus Furcht vor dem Dschungel der Zulassungsbürokratie in andere Länder abwandern", betont der TK-Landeschef.


Quelle: Pressemitteilung der Techniker Krankenkasse (TK), Landesvertretung Rheinland-Pfalz