Wie kann man die Behandlungsqualität im stationären Sektor messbar machen? Dr. JohannesHuber sagt Ihnen, warum Qualitätsindikatoren so wichtig sind.

Kann man Behandlungsqualität messen? Was sind Qualitätsindikatoren bei der Behandlung von Patienten? Dieses Thema erscheint nun auch in der Diabetologie. Der BVKD hat in seiner Geschichte schon immer ein besonderes Augenmerk auf das Thema Qualität in der stationären Diabetestherapie gerichtet. Im Verband wurde ein Zertifizierungsverfahren speziell für Diabeteskliniken- QMKD - entwickelt.

Von der Politik wird zunehmend die Forderung gestellt, die immer knapper werdenden finanziellen Resourcen im Gesundheitswesen idealerweise den Behandlern zukommen zu lassen, die auch gute Qualität in der Behandlung liefern. Doch wie erreicht man dies? In der aktuellen und der nächsten Ausgabe des Diabetes-Forums wird Dr. Johannes Huber eine kurze Einführung zum Thema Qualitätsindikatoren geben. Weiterhin wird er darlegen, welche Indikatoren sich in den Augen des BVKD auch als Qualitätsindikatoren in der stationären Behandlung des Diabetes mellitus eignen würden.

Dr. med. Thomas Werner und Dr. med. Johannes Huber, BVKD

Qualitätsindikatoren werden in den nächsten Jahren ein viel diskutiertes Thema im stationären Sektor bleiben. Seitdem das IQTIG (Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen) am 1. Januar 2016 seine Arbeit in Berlin aufgenommen hat, ist das Thema Qualitätsindikatoren in der stationären Versorgung in aller Munde. Dies kommt daher, dass es eine der Aufgaben des IQTIG ist, Qualität in der Krankenhausbehandlung messbar zu machen.

Qualitätsindikatoren für verschiedene Krankheitsbilder

Um dieses Ziel zu erreichen, soll das IQTIG bestimmte Indikatoren für verschiedene Krankheitsbilder erheben, mit denen dann die Qualität gemessen werden kann. Sollten Krankenhäuser in Bezug auf die Qualitätsindikatoren deutlich schlechter als der Durchschnitt abschneiden, so ist eines der Ziele, dass dann auch die Vergütung der Leistungen des Krankenhauses in Bezug auf die spezielle Erkrankung gekürzt werden kann. Das heißt aber auch, die Qualitätsindikatoren müssen gerichtsfest sein, da vermutlich einige der betroffenen Krankenhäuser Rechtsmittel dagegen einlegen werden.

Fachliche Grundlage der Qualitätsindikatoren sollen nationale Leitlinien sein. Die ersten Qualitätsindikatoren wurden im Bereich der Geburtshilfe erarbeitet, und die nächsten Jahre werden nun viele weitere hinzukommen. Wie können solche Qualitätsindikatoren in der Diabetologie aussehen?

BVKD: Patientengesundheit vor Sparen

Der BVKD als Interessenvertretung der Diabeteskliniken, setzte sich seit einiger Zeit mit dem Thema auseinander. Dies vor dem Hintergrund, dass es in den Augen des BVKD bei der Definition von Qualitätsindikatoren primär nicht ums Sparen gehen sollte, sondern zu allererst um die Patientengesundheit. Ob dies auch vergütet wird, ist Sache der Gesundheitspolitik. Ziel des BVKD ist es, öffentlich darzustellen, wie denn gute Qualität in der stationären Diabetestherapie aussehen könnte.

Zunächst soll auf die unterschiedlichen Aufgaben eines Diabetologen in einer Klinik eingegangen werden. Hier können prinzipiell 3 Bereiche unterschieden werden:
  1. Der Diabetologe betreut in einer eigenen Abteilung Patienten die wegen einer akuten oder chronischen (ambulant nicht zu verbessernden) Stoffwechselentgleisung im Krankenhaus behandelt werden.
  2. Der Diabetologe betreut Patienten die aufgrund einer Komplikation des Diabetes, vorwiegend des diabetischen Fußsyndroms stationär behandelt werden.
  3. Der Diabetologe betreut konsiliarisch (d.h. er gibt Ratschläge bezüglich der Behandlung des Diabetes bei) Patienten die in anderen Abteilungen des Krankenhauses behandelt werden, aber aufgrund einer akuten Stoffwechseldekompensation ihres Diabetes die Hilfe eines Diabetologen benötigen.

Für die Messung von Qualität kommen prinzipiell 3 Möglichkeiten der Messung in Frage

  1. Prozessqualität: Dabei wird ein Prozess, also ein Arbeitsablauf, beschrieben: z.B. die korrekte Hypoglykämieschulung. Hierbei würde dann untersucht, welcher Prozentsatz der Patienten eine korrekte Hypoglykämieschulung bekommen hat (Inhalt, Dauer, ob von Fachpersonal). Das heißt es wird untersucht, bei wie vielen Patienten der Arbeitsablauf der Schulung richtig durchgeführt wurde.
  2. Strukturqualität: Hierbei wird untersucht ob eine entsprechende Struktur vorhanden ist, z.B. Diabetologe, Diabetesberater.
  3. Ergebnisqualität: Hierbei wird ein konkretes Ergebnis einer Behandlung untersucht: z.B. kam es zu neurologischen Folgeschäden im Rahmen der Behandlung einer schweren Ketoazidose. Es ist dabei bekannt, dass es in einem bestimmten Prozentsatz auch bei guter Behandlung zu neurologischen Schäden im Rahmen der schweren Ketoazidose kommen kann. Hat nun ein Krankenhaus aber z.B. dreimal so viel neurologische Komplikationen bei der Behandlung der Ketoazidose, so deutet dies darauf hin, dass etwas in der Behandlung des Krankheitsbildes nicht optimal läuft.

Weiterhin von Interesse in der Erarbeitung von Qualitätsindikatoren sind folgende Fragen

Wie hoch ist das Patientenrisiko: d.h. wird die entsprechende Qualität nicht geliefert, tritt dadurch ggf. eine schwere Patientengefährdung ein? Ein Beispiel hierfür wäre, wenn ein Patient einen Insulinpen neu erhält, er aber weder über die Bedienung noch über die Hypoglykämierisiken noch über ein Fahrverbot in der Einstellungsphase aufgeklärt wird. Da er das Gerät falsch bedient, spritz er sich zu viele Einheiten Insulin und verursacht in der Hypoglykämie mit seinem Auto einen Unfall. Hier besteht ein Patientenrisiko durch die nicht korrekt durchgeführte Patientenschulung.

Diskussionsgrundlage
Bereits auf dem Symposium des Bundesverband Klinischer Diabetes-Einrichtungen e.V. (BVKD) im Rahmen der DDG-Frühjahrstagung 2017 trug Dr. Johannes Huber (Karlsruhe) die im BVKD-Vorstand entwickelten möglichen Qualitätsindikatoren in der stationären Diabetologie vor. Der folgende Artikel soll zunächst in das Thema einführen, bevor in einem zweiten Beitrag die Vor- und Nachteile der einzelnen Indikatoren besprochen werden. Wir wollen so eine Diskussionsgrundlage für spätere Entscheidungen schaffen.

Vorstand des BVKD

Wie groß ist die Patientengruppe um die es sich handelt? Ein Beispiel hierfür wäre: Sind alle Patienten die in einem Krankenhaus mit einer Diabeteserkrankung behandelt werden, ob als Haupterkrankung oder nur als Nebenerkrankung betroffen, oder handelt es sich bei der Patientengruppe um Typ 1 Diabetiker mit einer Hypowahrnehmungsstörung. Im ersten Fall dürfte es sich um 20-30% aller Patienten handeln, die in einem Krankenhaus behandelt werden, im zweiten Fall um eine sehr kleine Patientengruppe.

Wie gut sind die Daten erhebbar? D.h. können die Daten durch eine einfache Abfrage ermittelt werden, z.B. wieviel Prozent der Patienten mit einem Blutzucker > 400 mg/dl wurden von einem Diabetologen gesehen, oder müssen aufwändigere Daten erhoben werden?

Sind die Daten bereits etabliert? D.h. werden sie bereits in irgendeiner Form in einem anderen Bereich erhoben? So zum Beispiel in der Komplexbehandlung des Diabetes mellitus bei Kindern und Jugendlichen, wo es bereits umfangreiche Vorgaben für die Prozess- und Strukturqualität gibt.

Anhand dieser oben beschriebenen Vorgaben können nun mehrere mögliche Qualitätsindikatoren diskutiert werden:

  1. Behandlung der Ketoazidose
  2. Diabetesschulung
  3. Der große Komplex: Erfassung und Behandlung von entgleisten Diabetikern im Krankenhaus, die nicht in der diabetologischen Abteilung behandelt werden.
  4. Behandlung des diabetischen Fußsyndroms
  5. Entlassmanagement

Welche Indikatoren in den Augen des BVKD geeignet sind, die Güte der Qualität der Behandlung des Diabetes im Krankenhaus anzuzeigen, wird in der nächsten Ausgabe des Diabetes-Forums diskutiert.



Autor: Dr. Johannes Huber
Schriftführer BVKD
Städtisches Klinikum Karlsruhe

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2017; 29 (7/8) Seite 48-49