Diabetesberaterinnen aus ganz Europa haben sich in München zum Kongress der Foundation of European Nurses in Diabetes (FEND) getroffen. Claudia Leippert, stellvertrende Vorsitzende des VDBD, berichtet von der Tagung.

Dieses Jahr fand der FEND-Kongress in München statt. Erfreulicherweise besuchten die europäische Plattform für Diabetesberatung zahlreiche deutsche Diabetesberaterinnen. Es bot sich ein interessantes internationales Programm, aus dem hier für die deutsche Leserschaft zwei der deutschen Beiträge auf Grund ihrer Aktualität vorgestellt werden sollen.

"Spectrum" – CGM-Patientenschulungsprogramm

Der Eröffnungsvortrag wurde von Ulrike Thurm, die die "Spectrum-Gruppe" repräsentierte, gehalten. "Spectrum" ist das neue, aktuell veröffentlichte Patientenschulungsprogramm für Menschen, die neu mit einer CGM-Methode ausgestattet werden sollen/sind. Das Programm stellt sich produktneutral und firmenunabhängig dar – einzig für die Übersetzung konnte sich Roche die Rechte sichern.

"Spectrum" ist ein Programm, das die Schulungsarbeit der Diabetesberaterinnen strukturell bei der Handhabung, effizienten Nutzung und Dateninterpretation des CGM unterstützt. Es wird innerhalb des Programmes unterschieden in Erwachsenenmodule und Kinder- und Jugendlichenmodule, die jeweils individuell und flexibel eingesetzt werden können.

Den steigenden CGM-Anwenderzahlen Rechnung tragen

Ulrike Thurm begann ihre Präsentation mit der Sinnhaftigkeit des Einsatzes von CGM, indem sie interessante Patientenbeispiele präsentierte, die im Verlauf des Kongresses immer wieder von anderen Referenten aufgegriffen wurden, wenn es um die Optimierung in der Versorgung von Patienten ging. Glücklicherweise, so Thurm, haben wir in Deutschland jetzt auch den rechtlichen Hintergrund geschaffen, CGM nicht nur über eine Einzelfallentscheidung der Krankenkassen, sondern als reguläre Kassenleistung für ausgewiesene Patienten anzubieten.

Durch die zu erwartenden steigenden CGM-Anwenderzahlen ist die Notwendigkeit für dieses Schulungsprogramm umso mehr gegeben. Die Kosten für den gesamten Foliensatz belaufen sich auf 290 €. Die Evaluation für "Spectrum" steht noch aus. Die interessierten Beraterinnen aus der Schweiz und Österreich brachten innerhalb des regen Interesses am Schulungsprogramm den Gedanken auf, dass vielleicht über die geknüpften FEND-Kontakte auch länderübergreifende Möglichkeiten zur Evaluation geschaffen werden könnten.

Zu klären bleiben die Abrechnungsmodalitäten für die bis zu 6 Schulungseinheiten. Da die Vergütungen für Schulungsleistungen immer an eine Evaluation des jeweiligen Programms geknüpft sind, findet sich hier bei "Spectrum" eine "Sondersituation" für die bereits gestarteten Verhandlungen zur Vergütung mit Krankenkassen und KVen. Es ist von einer Übergangslösung die Rede. Man darf gespannt sein! "Spectrum" geht in Deutschland als "Train-the-Trainer"-Seminar an den Start.

Strategien zur Primärprävention des Typ-1-Diabetes

Ein weiterer deutscher Vortrag von Professor Anette-Gabriele Ziegler, Helmholtz-Zentrum, Institut für Diabetesforschung in München, befasste sich mit der Primärprävention des Typ-1-Diabetes. Sie stellte unter dem Titel "Verschiedene Strategien der Immuntherapie bei Beginn der Diagnose DMT1" die aktuelle Studienlage zur Impfung gegen Diabetes vor. Die Antigene GAD 65, IA-2 und ZnT8 sind Ziel der Impfungen und sollen vor Allem das Symptomatisch-werden der Erkrankung hinauszögern.

Die Entwicklungsstadien des Typ 1 werden in der aktuellen Forschung in drei Gruppen eingeteilt:
  1. Autoimmunerkrankung mit multiplem Antikörpernachweis jedoch normal Glukosetoleranz
  2. Autoimmunerkrankung mit multiplem Antikörpernachweis, aber mit gestörter Glukosetoleranz
  3. Autoimmunerkrankung, multiple Antikörper, mit allen Symptomen einer Stoffwechselentgleisung bei Typ 1und nachfolgender Notwendigkeit einer Insulinbehandlung.

Sowohl für Stadium 1, wie auch für Stadium 2 wurden von der Forschergruppe Therapieansätze belegt. Das eigentliche Ziel ist, eine Primärprävention vor Stadium 1 zu initiieren. Hierzu existiert die "Pre-Point"-Studie, in der 2-7 jährige Kinder mit einem hohen familiären und genetischen Risiko für Typ 1, jedoch ohne Antikörper mit einer Insulintablette behandelt wurden (der Medikamenteninhalt der Kapsel konnte in die Nahrung gegeben werden).

Aktuelle Forschungsarbeiten zur Primärprävention

Die Ergebnisse aus dieser Studie zeigen zukunftsweisend, dass durch eine aktive Exposition mit einer hohen Dosis oral substituiertem Insulin (ohne Nebeneffekte) die Immunabwehr beeinflusst werden kann, so dass eine insulinspezifische Regulation im Immunsystem hervorgerufen wird. Das nächste Ziel (seit 2016) ist, bei einer jüngeren Altersgruppe (6-12 Monate) zu evaluieren, ob Primärprävention möglich ist, denn die Antikörper (besonders IAA, GAD, IA-2) sind oft schon in einem Alter von ca. 2 Jahren zu finden.

Einschlusskriterien bei der aktuellen "Pre-point early"-Studie sind Kinder mit einem Typ-1-Diabetes-Elternteil, HLA DR4-DQ8 positiv, jedoch Betazell-Antikörper negativ. Sollten die Ergebnisse aus dieser Untersuchung erfolgversprechend sein, wird eine länderübergreifende großangelegte randomisierte Interventionsstudie mit ca. 1.250 Kleinkindern pro Interventionsarm initiiert, so Ziegler in München.

Die Prävention des Typ 1 ist eine absolute Herausforderung. Um sich dafür besser und effizienter aufzustellen, wurde GPPAD, eine globale Plattform zur Prävention des autoimmunen Diabetes, gegründet. Über diese Plattform ist bereits die sächsische "Freder1k-Studie" (Screening von Säuglingen auf Typ 1) etabliert.

Der FEND – immer wieder interessant – findet im nächsten Jahr am 8. und 9. September in Lissabon statt.



Korrespondenzadresse: Claudia Leippert
Stellv. Vorsitzende VDBD
Parcusstraße 8
55116 Mainz
Tel.: 0 61 31/5 88 46 40
Kontakt für die Erwachsenen-Module: spectrum@idt-ulm.de
Kontakt für die Kinder-/Jugendlichen-Module: info@diabetes-kinder.de

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2016; 28 (11) Seite 43-44