Wenn mit oralen Antidiabetika nicht mehr der gewünschte Therapieerfolg erreicht wird, ist die Umstellung auf Insulin angesagt. Von Dr. Gerhard-W. Schmeisl erfahren Sie, warum Ihre Patienten das nicht fürchten müssen.

"Keine Angst vor Insulin", dieser Aufruf gilt für Patienten, gelegentlich auch für Kollegen. Die Umstellung von oralen Antidiabetika, wie sie nach den verschiedenen Leitlinien zu Beginn der Behandlung des Typ- 2-Diabetes im Rahmen einer pharmakologischen Therapie vorgesehen ist (primär Metformin oder Sulfonylharnstoffe), geht in der Regel nicht ohne Probleme vonstatten.

Nach diesen Leitlinien kann neben einer Zweifach- oder auch Dreifach-Therapie mit oralen Antidiabetika auch primär auf Insulin umgestellt werden, wenn es die Umstände erfordern, z.B. im Rahmen einer akuten Entgleisung oder eines Krankenhausaufenthaltes, einer Operation. Diese Umstellung stellt gerade für viele ältere Typ-2-Diabetiker eine einschneidende Maßnahme dar, die nicht nur ausführlich mit dem Patienten selber besprochen werden muss, sondern die unbedingt von geeigneten Schulungsmaßnahmen begleitet werden muss.

Patienten in die Entscheidung miteinbeziehen

Außerdem sollten Insulinschemata und Insuline gewählt werden, die das Hypoglykämierisiko minimieren – auf der anderen Seite aber auch das Risiko einer Gewichtszunahme bei den oft adipösen Patienten mit Diabetes berücksichtigt. Es hat sich bewährt bei der geplanten Umstellung eines Patienten mit Typ-2-Diabetes auf Insulin, diesem einen Spielraum für seine Entscheidung zu einer dauerhaften Therapie zu geben.

Diese Aussage kann helfen: "Versuchen Sie es doch einmal, wir helfen Ihnen dabei und Sie werden sehen, ob es funktioniert – und ob es Ihnen nicht insgesamt besser mit Insulin geht. Sie können dann entscheiden, ob sie etwas anderes versuchen wollen bzw. auch können." Viele Patienten entscheiden sich dann, wenn nicht von vornherein von "Alternativlosigkeit" gesprochen wird, für einen derartigen Versuch. Sie müssen jedoch begleitet werden! Dabei helfen auch moderne und kurze Nadeln (4 bis 6 mm) und das Spritzen in die Flanken!

Barrieren gegen eine Insulinbehandlung aus Patientensicht

10 Punkte (nach Eva Küstner)

  1. Persönliche Überzeugung "es nicht zu schaffen"
  2. Angst vor Unterzuckerungen
  3. Angst vor zeitlicher Abhängigkeit durch festgelegte Injektions- und Essenszeiten
  4. Angst vor beruflichen Einschränkungen
  5. Angst vor der Injektion
  6. Überzeugung, dass jetzt Komplikationen auftreten werden
  7. Angst vor Gewichtzunahme
  8. Angst , in der Öffentlichkeit zu spritzen, nicht mehr Essen gehen oder reisen zu können
  9. Bedrückendes Gefühl, mit Insulin ernsthaft erkrankt zu sein
  10. Schuldgefühle, Insulin als Strafe für begangene Diät "sünden", Gefühl von Versagen, weil bisherige Therapie versagt haben

Von den in Deutschland lebenden etwa 6-7 Millionen Menschen mit Diabetes haben etwa 90% einen Typ-2-Diabetes. Im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes hat der Typ-2-Diabetiker keinen absoluten, sondern nur einen relativen Insulinmangel. Zu Beginn der Erkrankung fehlt zwar zu gewissen Zeiten das Insulin, aber es besteht meist noch über viele Jahre eine Insulineigensekretion.

Dazu kommt häufig, dass das Insulin aufgrund von Übergewicht nicht besonders gut wirkt – die Insulinresistenz. Diese nimmt mit zunehmendem Alter und der Dauer des Diabetes zu. Diese Insulinresistenz kann durch Bewegung, vernünftige Ernährung und wie oben erwähnt durch orale Antidiabetika unterstützt, zu einer guten Blutzuckereinstellung führen.

Da der Typ-2-Diabetes jedoch eine fortschreitende Erkrankung darstellt, etwa 6% der insulinproduzierenden Betazellen sterben pro Jahr ab, muss auch ein Typ-2-Diabetiker irgendwann damit rechnen Insulin zu spritzen. Jede Situation, die zu einer Verschlechterung der Insulinwirkung oder zu einem Mehrbedarf an Insulin führt, z.B. Stress im Rahmen einer OP, kann dazu führen, dass die oralen Antidiabetika nicht mehr ausreichen und auch ein Typ-2-Diabetiker auf Insulin eingestellt werden muss, z.B. im Rahmen einer Hüftoperation, im Rahmen eines grippalen Infektes oder einer harmlosen Cystitis.

Das muss vor dem Insulin-Einsatz beachtet werden

Bevor jedoch ein Patient mit Diabetes Typ 2 Insulin erhält, sollte man folgendes berücksichtigen: Insulin ist ein Wachstumshormon, d.h. dass der zu frühe oder unkritische Einsatz zu einer weiteren Gewichtszunahme der häufig adipösen Patienten führen kann. Insulin bedeutet aber auch immer, dass das Risiko einer Unterzuckerung besteht, weshalb folgende Punkte vor dem Einsatz einer Insulintherapie beachtet werden sollten:
  • Das Hypoglykämierisiko!
  • Ist eine weitere Gewichtsabnahme so möglich?
  • Die Möglichkeit der Kooperation des Patienten mit einem Hausarzt oder einer Diabetesberaterin in der Nähe
  • Das Ausmaß der erforderlichen HbA1c-Senkung, entsprechend dem Alter des Patienten
  • Vorliegen einer akuten, plötzlichen Stoffwechselentgleisung mit hohen Blutzuckerwerten, weshalb evtl. nur vorübergehend Insulin gegeben werden muss.

Das Ziel der Insulintherapie beim Typ-2-Diabetiker ist zum einen eine gute Blutzucker-Einstellung möglichst unter der Vermeidung von Hypoglykämien sowie einer weiteren Gewichtzunahme. Dies mit dem längerfristigen Ziel auch im mittleren bis höheren Alter mikrovasculäre Komplikationen an den kleinen Blutgefäßen z.B. der Netzhaut, der Nerven und der Nieren zu minimieren und makrovaskuläre Komplikationen mit drohendem Herzinfarkt, Schlaganfall und einer Amputation zu reduzieren.

Auf keinen Fall erfolgt beim Typ-2-Diabetiker gerade im höheren Alter eine Blutzuckersenkung auf "Teufel komm raus", da dies aufgrund großer Studien (ACCORD, ADVANCE, VADT) sogar zu einem häufigen Auftreten von kardiovaskulären Komplikationen führte. Gerade zur Vermeidung einer Makroangiopathie beim Typ-2-Diabetiker steht nicht die Blutzuckereinstellung an erster Stelle, sondern entscheidend sind eine optimierte Blutdruckeinstellung, die Normalisierung der Blutfette und regelmäßige Bewegung im Sinne einer verbesserten Herz-Kreislauf-Fitness.

Patienten mit Typ-2-Diabetes – speziell auch geriatrische Patienten haben nicht immer Übergewicht – manche Normal-bzw. sogar Untergewicht – nicht selten aufgrund einer Mangelernährung (z.B. im Seniorenzentrum oder bei reiner Selbstversorgung!). Bei relativ schlanken Patienten mit Neumanifestation des Diabetes im Alter, sollte man immer auch an einen späten Typ-1-Diabetes – einem LADA-Diabetes(=Late autoimmun-diabetes of the adult) denken. Hier ist es natürlich besser sofort eine Insulintherapie einzuleiten.

Wie startet man nun eine Insulintherapie beim Typ-2- Diabetiker konkret?

Da der Typ-2-Diabetiker zu Beginn seiner Insulintherapie in der Regel noch eine Insulin-Restsekretion besitzt, braucht er meist keine "intensivierte Insulintherapie" (=ICT), da sie ein relativ kompliziertes Insulinschema mit konsequenter Trennung von Mahlzeiten - und Basalinsulin darstellt. Man sollte sich primär daran orientieren, welches Problem im Vordergrund steht: Sind die Blutzucker-Nüchternwerte erhöht oder sind die Blutzuckerwerte 2 Stunden nach den Mahlzeiten erhöht? Oder sind beide Werte erhöht? – Davon sollte das weitere Vorgehen bestimmt werden.

Sind beide Werte erhöht spricht das eher dafür, dass der Patient sowohl nachts als auch tagsüber Insulin benötigt. Dann geht es nur noch darum mit welchem Therapieschema man möglichst einfach und ohne schwere Nebenwirkungen wie einer Hypoglykämie beginnt.

Vor Beginn einer Insulintherapie sollte jedoch auch darüber nachgedacht werden, speziell bei übergewichtigen Typ-2-Diabetikern, ob nicht evtl. noch eine Darmhormon-basierte Therapie mit GLP-1-Analoga z.B. Byetta, Byduron, Trulicity oder Victoza versucht werden könnte. Nur so ist eine sehr gute Blutzuckereinstellung bei gleichzeitiger, manchmal sogar starker Gewichtsreduktion initial möglich – dies fördert auch die Motivation des Patienten die Therapie auf Dauer durchzuführen.

Gründe für das Ausbleiben einer Intensivierung einer Insulintherapie Ärztesicht
  • Hypoglykämien
  • Gewichtszunahme
  • Komplexe Therapie
  • Mangelnde Therapietreue
  • Großer medizinischer Ressourcenbedarf

Daten von Kunt and Snoek. Int J Clin Pract 2009; 63(Suppl. 164):6–10; 2 Vijan et al. J Gen Intern Med 2005; 20:479–482; 3 Cuddihy et al. Diabetes Educ 2011; 37(1):111–123

Zu Beginn einer Insulintherapie sollte z.B. Metformin wenn möglich beibehalten werden, da dadurch oft enorm an Insulin eingespart werden kann und somit auch das Risiko für eine Hypoglykämie und auch eine weitere Gewichtszunahme reduziert wird – da es bei einer moderaten Niereninsuffizienz aktuell verordnet werden darf, sollte man dies unbedingt mit berücksichtigen.

Der Beginn einer Insulintherapie richtet sich wie oben schon erwähnt primär danach ob erhöhte Nüchternwerte und/oder erhöhte Blutzuckerwerte 2 Stunden nach den Mahlzeiten im Vordergrund stehen.

1. Erhöhte Nüchternwerte:

Sind die Blutzucker-Nüchternwerte erhöht und lassen sie sich durch die alleinige Gabe von Metformin abends nach dem Abendessen nicht mehr in den Normbereich senken, macht es Sinn mit einer kleinen Menge Basalinsulin vor dem Schlafengehen die Insulintherapie zu beginnen (NPH-Insulin /Levemir). NPH-Insulin wird in der Regel wegen seines starken Wirkgipfels sehr spät z.B. 22 bis 23Uhr gespritzt (s.c. Oberschenkel).

Levemir kann auch schon gegen 21 Uhr injiziert werden, es hat einen nicht so ausgeprägten Wirkgipfel! Eine Kontrolle des Blutzuckers vor dem Zu-Bett-Gehen reduziert das Risiko für nächtliche Hypoglykämien und dient der Anpassung der Insulindosis.

Zeigt sich anhand erhöhter BZ-Werte speziell auch postprandial und dazwischen, dass auch tagsüber Insulin benötigt wird, hat sich als einfachster Einstieg in die Insulintherapie die Verwendung des Langzeitanalog-Insulins Glargin (Lantus, Abasaglar oder Toujeo U 300) erwiesen. Zum einfacheren Start gibt es eine Art "Titrationsschema"- eine Anleitung für die konkrete Insulin Menge (s.Tab. 2).

2. Erhöhte Blutzuckerwerte postprandial (pp- nach den Mahlzeiten)

Zahlreiche Typ-2-Diabetiker haben bereits zu Beginn ihrer Erkrankung ein Insulindefizit zu den Mahlzeiten – Blutzuckermessungen 2 Stunden nach dem Essen können dies dokumentieren.

Diese pp-Werte sind nach unserem Kenntnisstand besonders für die schwerwiegenden Schäden am Herz-Kreislaufsystem verantwortlich – deshalb macht es Sinn, diese konsequent zu senken. Der einfachste Einstieg in eine Insulintherapie bei erhöhten Werten nach den Mahlzeiten ist die S.I.T. (Supplementäre Insulintherapie). Durch die Gabe von kleinen fixen Dosen Insulin kurz vor den Hauptmahlzeiten z.B. 4-6 IE eines Kurzzeit-Human bzw. Kurzzeit-Analog- Insulins kann quasi das fehlende Insulin ersetzt werden.

Sollte sich die Notwendigkeit einer Basalinsulingabe ergeben, kann dies wie bei der "konventionellen Insulintherapie" (CT) mit dem Langzeit-Analoginsulin Glargin (Lantus, Abasaglar, Toujeo), mit der zweimaligen Gabe z.B. von Levemir oder auch mit Humaninsulin (NPH-Insulin) erfolgen.

Alternativ kann auch eine "Mischinsulintherapie" mit festen Insulinmischungen z.B. 30% Normal, 70% Basalinsulin morgens und abends bzw. morgens, mittags und abends erfolgen, wobei es sinnvoll ist heute eher Analog-Insulin-Mischungen z.B. Humalog Mix 25, bzw. NovoMix 30 einzusetzen, da die Gefahr für Hypoglykämien geringer ist. Das Misch-Insulin sollte nur zu den Hauptmahlzeiten gegeben werden – ggf. z.B. auch nur mittags und abends, wenn der Betroffene z.B. nicht frühstückt!

Welche Insuline stehen zur Verfügung?

Insulin degludec („Tresiba“)

Eine sicher gerade auch für Typ-2-Diabetiker sinnvolle Therapieoption war das neue Tresiba (Insulin degludec), das ein sehr flaches Wirkprofil ermöglichte und so das Risiko für Hypoglykämien reduzieren half – besonders auch für nächtliche Hypoglykämien. Es hat eine im Vergleich zum Insulin glargin (Lantus/ bzw. Abasaglar) doppelt so lange Halbwertzeit und eine Wirkdauer von mehr als 42 Stunden. Auch die täglich einmalige Gabe zu völlig unterschiedlichen Zeiten machte es gerade für Typ-2-Diabetiker sehr nützlich und sinnvoll. Leider ist es schon wieder vom deutschen Markt verschwunden.

Insuline mit höherer Insulinkonzentration (U 200, U 300) Insulin Glargin U 300 („Toujeo“), „Humalog“/„Liprolog“ U 200

Seit kurzem ist das Insulin Glargin (bisher Lantus) in einer höheren Konzentration U 300 als Toujeo mit 300 Einheiten Insulin pro ml im Handel.

Aufgrund der Studien und ersten klinischen Anwendungen scheint Toujeo®, das mit einem Fertigpen zur Vermeidung von Verwechslungen erhältlich ist, ein geringeres Hypoglykämie-Risiko gegenüber Lantus zu haben. Außerdem scheint es ein stabileres Wirkprofil zu haben – unter Lantus gibt es relativ oft innerhalb ein und desselben Individuums tageszeitliche Schwankungen der Insulinwirkung, so dass ein und dieselbe Dosis oft unterschiedlich wirkt.

Ansonsten zeigen die bisherigen Untersuchungen keinen wesentlichen Unterschied zum bisherigen Glargin. Im Alltag wird sich zeigen, ob die höhere Konzentration von Glargin im Vergleich zum bisherigen Lantus für eine Verbesserung der Blutzuckereinstellung sorgt und auch zu einer Reduktion des tatsächlichen Hypoglykämie-Risikos insbesondere bei Typ 2 Diabetikern führt.

Für Diabetiker, die hohe Insulindosen benötigen gibt es jetzt als Kurzzeit-Analoginsulin Humalog U 200 bzw. Liprolog U 200. Heißt: In 1 ml sind nicht wie bisher 100 IE Insulin, sondern 200 IE. Es gibt das Insulin ausschließlich in Fertigpens – die zu spritzenden Einheiten werden direkt am Pen eingestellt - es darf nicht umgerechnet werden! Das zu spitzende Volumen (=Menge) hat sich dadurch halbiert. Dies soll zu einer besseren Resorption und Aufnahme ins Gewebe führen.

Biosimilar Insulin Glargin (Abasaglar)

Im September 2014 erhielt Abasaglar die europäische Zulassung, die auf einem umfangreichen Studienprogramm bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes beruht. Mit Abasaglar ist das erste "Biosimilar-Insulin" in Deutschland auf dem Markt. Bei diesem "High-Tech-Produkt" handelt es sich um das Insulin Glargin (bisher von der Firma Sanofi Aventis als Lantus vertrieben), das in einem aufwendigen Prozess anders hergestellt wird und am Ende vergleichbare Eigenschaften wie das ursprüngliche Insulin Lantus - es ist davon nicht zu unterscheiden. Die Produktion dieses ersten Biosimilar-Insulins wurde möglich, da der "Patentschutz" für das bisherige Glargin (=Lantus) abgelaufen ist.

Mischinsuline

Die meist verwendeten Mischinsuline bestehen aus 25% bis 30% kurzwirksamem Insulin und etwa 70% bis 75% Basal-Insulin. Bei der Verordnung von Misch-Insulinen ist eine genaue Mahlzeitenanamnese erforderlich, z.B. zu welcher Tageszeit wird die Hauptmahlzeit gegessen – ist es das Frühstück, das Mittagessen oder aber das Abendessen! Manchmal sind es auch alle 3 Mahlzeiten – dann benötigt dieser Patient gelegentlich auch Misch-Insulin 3x täglich.

Bei Misch-Insulinen ist immer wichtig zu beachten: Auch Zwischenmahlzeiten etwa 2-3 Stunden nach einer Hauptmahlzeit sind wichtig, da ansonsten mit Hypoglykämien zu rechnen ist. Auch vor dem Schlafengehen muss oft noch eine kleine Portion Kohlenhydrate am besten mit etwas Fett vermengt (z.B. Joghurt, Brot mit etwas Käse o.ä.) gegessen werden um Hypoglykämien in der Nacht zu vermeiden.

Eine spezielle Schulung dieser Patienten ist deshalb trotz der Einfachheit der Therapie erforderlich. Auch die Applikation des Insulins, die Nadellänge und die Notwendigkeit es zu mischen (20x schwenken!) müssen geschult und überprüft werden. Ein genauer Spritz-Plan mit Angabe der zu injizierenden Insulin-Dosis bei entsprechenden Blutzuckerwerten ist ebenso unabdingbar – es sei denn, eine Hilfeperson übernimmt dieses!

Eine Insulindosisanpassung bei Verwendung von Misch-Insulinen im Rahmen einer CT (konventionellen Insulintherapie) ist nur begrenzt möglich, da immer gleichzeitig sowohl das Mahlzeiten – als auch das Basalinsulin erhöht bzw. reduziert wird. Dies stellt einen der Nachteile einer Misch-Insulintherapie dar, auch wenn moderne Analog-Insulin-Mischungen verwendet werden – diese sind jedoch besser in ihren Anpassungsmöglichkeiten!

Insulin und Niereninsuffizienz

Insbesondere bei älteren Menschen mit Typ-2-Diabetes muss man in stärkerem Maße (20% bis 40%) eine Einschränkung der Nierenfunktion (=Niereninsuffizienz) berücksichtigen. Orale Antidiabetika dürfen bei einem bestimmten Ausmaß der Nierenfunktionsstörung (eingeschränkter GFK) nicht mehr gegeben werden oder müssen in der Dosis reduziert werden (z.B. Metformin, DPP4-Hemmer z.B. Xelevia etc.).

Die Wirkung von Insulin kann bei einer Niereninsuffizienz verstärkt und verlängert sein, denn Insulin wird z.T. über die Nieren ausgeschieden. Eine Niereninsuffizienz führt andererseits aber auch oft dazu, dass mehr Insulin benötigt wird!

Zusammenfassung

Die Einstellung eines Patienten mit Diabetes Typ 2 auf Insulin kann sowohl plötzlich im Rahmen eines Infektes, oder auch im Rahmen einer anstehenden Operation jederzeit notwendig werden, oder aber auf lange Sicht, bei langsam nachlassender Insulinausschüttung bzw. stärkerer Insulinresistenz, wobei immer eine individuelle den jeweiligen Möglichkeiten und Risiko des Betroffenen angepasste Insulintherapie durchgeführt werden sollte.

Neue Analoginsuline, sowohl als Kurzzeit- als auch als Basalinsulin, erhöhen dabei die Therapiesicherheit mit weniger Hypoglykämien und einer geringeren Gewichtszunahme. Analog-Kurzzeit-Insuline bieten auch den Vorteil, dass sie nach dem Essen gespritzt werden können – eine bessere Anpassung an die Mahlzeiten ist so möglich. Die Möglichkeit der Insulingabe durch Externe z.B. den betreuenden Pflegedienst ist so ebenfalls erst möglich und erspart so manchmal eine stationäre Unterbringung.

Bei sehr übergewichtigen Patienten die bereits einen Insulintherapie benötigen, macht noch eine Kombination eines Basalinsulins mit einem Darmhormon-basierten Therapeutikum (Xultophy) Sinn, da dadurch eine rasche Gewichtszunahme vermieden werden kann und der Patienten zusätzlich auch ein geringeres Hypoglykämierisiko hat. Die Therapie mittels einer Fixkombination von Insulin und einem GLP-1-Analogon (Xultophy) ist mittlerweile in Deutschland auch nicht mehr möglich (GBA-Beschluss).

Aber auch beim Typ-2-Diabetiker ist mit Fortschreiten der Erkrankung immer häufiger mehr Insulin erforderlich, so dass es sinnvoll ist, jeden Typ-2-Diabetiker diabetologisch zu begleiten und ggf. auch neu zu schulen, um eine Therapieumstellung gefahrlos durchführen zu können. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass die Motivation auch von älteren Patienten nicht zu unterschätzen ist.

Bei ausreichender Schulung, vernünftiger Erklärung und Motivation sind auch sehr viele ältere Patienten sicher und ohne großes Risiko mit Insulin zu behandeln. Das Ziel ist schließlich ihre Lebensqualität zu verbessern und nicht nur eine "Blutzuckerkosmetik" zu betreiben. In manchen Fällen kann das Insulin auch wieder abgesetzt werden – haben Sie deshalb zunächst keine Angst vor Insulin, machen Sie einen Therapieversuch und Sie werden sehen, dass es Ihren Patienten viel besser geht.



Korrespondenzadresse: Dr. Gerhard-W. Schmeisl
Internist/Angiologie/Diabetologie/Sozialmedizin
Chefarzt Deegenbergklinik
Burgstraße 21,
97688 Bad Kissingen,
Tel.: 0971/ 821-0
Fax: 0971/ 821- 84 84,

Chefarzt Diabetologie Klinik Saale (DRV-Bund)
Pfaffstraße 10,
97688 Bad Kissingen,
Tel.: 0971/85-01

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2016; 28 (11) Seite 28-32